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AIA Automatischer Informationsaustausch – Risiken & Rechtsschutz

Antworten auf Ihre 5 häufigsten Fragen

Das schweizerische Gesetz zum Automatischen Informationsaustausch („AIA-Gesetz“) tritt per 1. Januar 2017 in Kraft. In den ersten 12 Monaten läuft eine Due-DiligencePhase, in welcher Banken die Informationen in ihren Akten mittels Selbstauskünfte ihrer Kunden verifizieren lassen. Erstmals werden Finanzinstitute im Jahre 2018 Vermögensdaten von Kunden in grossem Stil über die Eidgenössische Steuerverwaltung („ESTV“) in Bern an Steuerbehörden in 37 Ländern austauschen. Dies sind die EUMitgliedsländer einschliesslich Gibraltar, Australien, Guernsey, Isle of Man, Island, Japan, Jersey, Kanada, Norwegen und Südkorea. Umgekehrt erhalten unsere kantonalen Steuerbehörden Vermögensdaten schweizerischer Steuerpflichtiger aus diesen Ländern. Mit weiteren 67 Ländern (inklusive Russland und CIS-Staaten) hat die Schweiz multilaterale Abkommen abgeschlossen. Es können sich erhebliche Risiken für Steuerpflichtige ergeben.

1. Was ist das systembedingte Risiko der Abweichung automatisch gemeldeter Daten von der Steuererklärung?
Es werden keinesfalls Steuerdaten sondern reine Vermögensdaten (Identifikations-, Konto- und Finanzinformationen) gemeldet. Aus diesem Grund ergibt sich daraus für die ausländischen Steuerbehörden nicht die Möglichkeit ergibt, die Übereinstimmung mit den Angaben in der Steuererklärung zu überprüfen. Bei der Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten und der Rechtsträger beherrschenden Personen folgt das AIA-Gesetz der Qualifikation in den Formularen A, K, S und T gemäss den Vorgaben der Bankier-vereinigung zur Geldwäscheprävention („VSB 16“). Bei den Erträgen wird nicht zwischen Dividenden, Zinsen und Veräusserungsgewinnen differenziert, so dass sich ein verzerrtes Bild bei der Steuerverwaltung ergibt. Es ist davon auszugehen, dass die AIA-Meldungen zu Nachfragen der Steuerbehörden bei den ausländischen wie inländischen Steuerpflichtigen bzw. zu zusätzlichen Amtshilfeanfragen an die ESTV bzw. ausländische Steuerbehörden führen können.

2. Bestehen Risiken bezüglich Meldung an Staaten, in denen keine Steuerpflicht besteht?
Kunden sind nach dem AIA-Gesetz verpflichtet ihr(e) Steuerdomizile der Bank anzugeben. Änderungen sind zeitnah mitzuteilen. Sofern sich z.B. Wohn- bzw. Postadressen oder Telefonnummern in meldepflichtigen Staaten in den Bankakten befinden, muss der Kunde eine AIA-Selbstauskunft abgeben. Sofern diese die AIAIndizien nicht zu bereinigen vermag, ist eine automatische Meldung aller erforderlicher Informationen an (einen) meldepflichtig(en) Staat(en) durchzuführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die nicht rechtzeitige Meldung von Änderungen künftig strafbewährt ist. D.h. die ESTV verfolgt und büsst Verstösse gegen diese Mitteilungspflichten von Bankkunden. Es besteht allerdings die Möglichkeit einer strafbefreienden „Selbstanzeige“.

3. Welche Risiken bestehen für Settlors, Begünstigte, Trustees, Stiftungsräte und Protektoren bei Stiftungen und Trusts?
Die Qualifikation von Strukturen wie Stiftungen oder Trusts nach dem AIA-Gesetz entscheidet darüber, wer die AIA-Meldung durchzuführen hat: die Bank oder die Stiftung bzw. der Trust selbst. Von Bedeutung ist dabei insbesondere die Einstufung als professionell verwaltetes Investmentunternehmen (PVI) oder als passive Non-Financial Entity (NFE) sowie ob involvierte Staaten teilnehmend, auf einer White-List geführt oder gänzlich nicht teilnehmend sind. Dabei kann in bestimmten Konstellationen die Bank entscheiden, ob bereits vor dem Zufluss den Begünstigten jährlich das Vermögen per AIA-Meldung zugerechnet wird oder erst im Falle von Ausschüttungen. Settlor, Trustees, Stiftungsräte und Protektoren müssen aber grundsätzlich als beherrschende Personen und damit wie Eigentümer des Vermögens gemeldet werden. Durch diese Meldung werden diese in den Augen der Steuerbehörden quasi über Nacht zu Millionären, was unangenehme steuerliche Folgen haben kann. Hier empfiehlt es sich proaktiv mit den Steuerbehörden in Verbindung zu treten um ggf. Missverständnisse zu vermeiden.

4. Wie effektiv ist der Daten- und Rechtsschutz vor schweizerischen Zivilgerichten bzw. vor dem Bundesverwaltungsgericht?
Obwohl Steuerstreitigkeiten grundsätzlich Spezialgerichten zugewiesen sind, sind für Steuerstreitigkeiten nach dem AIA-Gesetz grundsätzlich die Zivilgerichte zuständig. Auf Grund der Verfahrensdauer von durchschnittlich über einem Jahr an den Zivilgerichten ist das ordentliche Verfahren nicht geeignet. Es dürfte somit regelmässig allein der vorläufige Rechtsschutz zielführend sein. Es wird sich zeigen, wie die Zivilgerichte mit der Steuermaterie umgehen. Eine besondere Brisanz kommt dem Einklagen von Berichtigungen bei der steuerlichen Ansässigkeit deshalb zu, weil Pflichtverstösse bei der eigenen Selbsterklärung strafrechtlich bewährt sind. Es kann sich also empfehlen, zeitgleich eine Selbstanzeige nach Art. 36 AIAG abzugeben, um einer möglichen Strafbarkeit entgegenzuwirken. Nur für den sog. Ordre Public, d.h. die Frage ob für die Vermögensdaten im ausländischen Staat rechtsstaatliche Garantien bestehen, ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

5. Wie können Sie sich schützen?
Insbesondere die Qualifikation von Stiftungen, Trusts und anderen rechtlichen Strukturen wirft auf Grund der flexiblen Ausgestaltung Schwierigkeiten auf, hat aber weit-reichende Konsequenzen hinsichtlich der Meldungen nach dem AIA-Gesetz für die involvierten Personen. Es empfiehlt sich daher eine frühestmögliche Analyse sowie nach ggf. opportunen Anpassungen ein Rechtsgutachten (Legal Opinion) zur Qualifikation einzuholen. Aufgrund obligatorischer AIA-Meldungen aus Partnerstaaten in die Schweiz und umgekehrt können bei Stiftungen und Trusts die involvierten Personen wie Stiftungsräte, Trustees, Settlors, Protektoren, noch nicht bereicherte Begünstigte zu Millionären gemacht werden, obwohl sie wirtschaftlich in keiner Weise am Vermögen berechtigt sind. Dies könnte zu kafkaesken Nachsteuerverfahren führen. Es kann sich empfehlen die kantonalen Steuerbehörden vorsorglich mit anonymisierten Informationen über die im Trust-Gefüge übernommene Funktion zu informieren. Dies allein um die Auslösung möglicher Amtshilfegesuche nach Art. 21 Abs. 7 StAhiG seitens der Steuerverwaltung vorzubeugen.

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