Am 13. Juni 2024 eröffnete die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) das Konkursverfahren über die Genfer Neobank FlowBank SA. Grund für diese drastische Massnahme ist, dass die Bank das für ihre Geschäftstätigkeit erforderliche Mindestkapital nicht aufrechterhalten hat, was ernsthafte Bedenken hinsichtlich einer möglichen Überschuldung aufkommen lässt. Hauptziel der Intervention ist der Schutz der Einleger, wobei die derzeitigen Schätzungen darauf hindeuten, dass alle privilegierten Einlagen vollständig aus den vorhandenen Mitteln der Bank erstattet werden können. Der Fall FlowBank unterstreicht die grossen Herausforderungen, denen sich digitale Banken bei der Wahrung der Finanzstabilität und der Einhaltung von Vorschriften in einem sich schnell entwickelnden Sektor gegenübersehen.
Hintergrund der FlowBank SA
Die FlowBank SA wurde 2020 von Charles Henri Sabet, einem erfahrenen Experten für digitale Finanzen, als Neobank gegründet, die einem globalen Publikum fortschrittliche Online-Handels- und Investitionsdienstleistungen anbietet. Die FlowBank mit Hauptsitz in Genf hat sich zum Ziel gesetzt, das Bankwesen zu revolutionieren, indem sie modernste Technologien einsetzt, um Prozesse zu rationalisieren und eine umfassende Palette von Finanzprodukten über eine vollständig digitale Plattform anzubieten. Das Angebot der Bank umfasste den Zugang zu verschiedenen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, ETFs und Kryptowährungen und richtete sich sowohl an private als auch institutionelle Anleger.
Die rasche Expansion der FlowBank umfasste die Eröffnung einer weiteren Niederlassung in Zürich bis 2021 sowie von Tochtergesellschaften in London und auf den Bahamas. In der Spitze verwaltete die Bank weltweit über 22’000 Konten, beschäftigte rund 140 Mitarbeitende und wies eine Bilanzsumme von rund 680 Millionen Franken auf.
Die FlowBank verzeichnete zwar ein beträchtliches Wachstum, sah sich jedoch mit der Herausforderung konfrontiert, die von den Schweizer Aufsichtsbehörden vorgeschriebenen Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen, die für die Aufrechterhaltung der Solvenz von Finanzinstituten unerlässlich sind. Unser neuester Insight befasst sich mit den wichtigsten Aspekten des Konkursverfahrens der FINMA gegen die FlowBank.
Was führte zum Zusammenbruch der FlowBank?
Der Untergang der FlowBank ist auf erhebliche regulatorische Verstösse und finanzielles Missmanagement zurückzuführen. Laut FINMA hat die FlowBank wiederholt wesentliche aufsichtsrechtliche Anforderungen, insbesondere in den Bereichen Eigenkapitalausstattung und Risikomanagement, nicht eingehalten. Die Bank geriet erstmals im Oktober 2021 ins Visier der FINMA, als sie erhebliche Verstösse gegen das Aufsichtsrecht feststellte, unter anderem die Nichteinhaltung von Kapitalanforderungen und einer ordnungsgemässen Organisationsstruktur.
Trotz Abhilfemassnahmen und der Beaufsichtigung durch einen bestellten Wirtschaftsprüfer verstiess die FlowBank weiterhin gegen die Vorschriften. Im Juni 2023 deckte ein zweites Durchsetzungsverfahren weitere Probleme auf: Die Bank erfüllte immer noch nicht die Eigenkapitalanforderungen, hatte eine unzureichende Finanzberichterstattung und war in mehreren Schlüsselbereichen schlecht organisiert. Darüber hinaus ging die FlowBank risikoreichen Geschäftstätigkeiten nach, ohne ausreichende Sorgfalt walten zu lassen, was ihre finanzielle Instabilität weiter verschärfte.
Im März 2024 stellte die FINMA fest, dass sich die finanzielle Lage der FlowBank erheblich verschlechtert hatte, so dass die Bank nicht mehr in der Lage war, das erforderliche Mindestkapital zu halten, und ihr die Insolvenz drohte. Daraufhin entzog die FINMA der FlowBank die Bewilligung und leitete zum Schutz der Einleger ein Konkursverfahren ein, das die Geschäftstätigkeit der Bank effektiv beendete.
Das rasche Eingreifen der FINMA in die FlowBank hat ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Kommunikation und des Schutzes von Kundengeldern aufgeworfen, insbesondere in Bezug auf komplexe Finanzprodukte wie gehebelte Positionen und Kryptowährungsanlagen. Die abrupte Schliessung in Verbindung mit unzureichenden Anweisungen der Behörden hat viele Kunden über die Sicherheit und den Status ihrer Anlagen verunsichert.
Der Gründer der FlowBank, Charles Henri Sabet, widersprach den Massnahmen der FINMA offen und bezeichnete die Bank als innovativ, profitabel und bei ihren Kunden beliebt. Sabet argumentierte, die Bank hätte überlebensfähig sein können, wenn die FINMA Kapitalerhöhungen auf Beschluss der Aktionäre genehmigt hätte. Obwohl die FlowBank den Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht angefochten hat, hat die FINMA verschiedene Präventivmassnahmen ergriffen, um während des Beschwerdeverfahrens vor unberechtigten Vermögensabzügen zu schützen. Diese Massnahmen widerspiegeln das vorsichtige Vorgehen der Aufsichtsbehörde zum Schutz des Finanzsystems im weiteren Verlauf des Verfahrens.
Wie werden die Kundeneinlagen bei der FlowBank behandelt?
Die Kundeneinlagen bei der FlowBank werden mit dem primären Ziel des Einlegerschutzes behandelt. Gemäss der offiziellen Mitteilung der FINMA werden während des Konkursverfahrens Einlagen bis zu CHF 100’000 als „privilegierte Einlagen“ eingestuft und im Rahmen der Liquidation prioritär behandelt. Es wird erwartet, dass diese Einlagen vollständig aus den verfügbaren Aktiven der Bank zurückbezahlt werden. Die FINMA hat die Walder Wyss AG als Liquidatorin eingesetzt, um den Rückzahlungsprozess zu überwachen und sicherzustellen, dass die Kunden ihre Gelder so schnell und sicher wie möglich erhalten.
In der offiziellen Mitteilung der FlowBank wird bekräftigt, dass die Kundeneinlagen und die in den Depots gehaltenen Wertpapiere von den Vermögenswerten der Bank getrennt und an die Kunden zurückgegeben werden. Dies bedeutet, dass diese Vermögenswerte nicht zur Deckung der Verbindlichkeiten der Bank verwendet werden, und die Kunden können die Rückgabe ihrer Gelder und Anlagen zu den vom Insolvenzverwalter festgelegten Bedingungen erwarten.
Wie sieht das Verfahren für das Konkursverfahren der FlowBank aus?
Das von der FINMA eröffnete Konkursverfahren der FlowBank folgt einem strukturierten und gesetzlich vorgeschriebenen Prozess, um die Einleger zu schützen und eine geordnete Liquidation zu gewährleisten. Im Folgenden werden die wichtigsten Schritte beschrieben:
- Ernennung der Liquidatoren: Mit der Eröffnung des Konkurses hat die FINMA die Walder Wyss AG als Konkursverwalterin eingesetzt. Der Liquidator ist verantwortlich für die Überwachung des gesamten Verfahrens, einschliesslich der Verteilung der Vermögenswerte und der Abwicklung der Forderungen.
- Umstrukturierung von Konten: Kundenkonten bei der FlowBank werden in mehrere Unterkonten umstrukturiert, um den Abwicklungsprozess zu erleichtern. Dazu gehören ein Haupt-Geldkonto, ein CFD-Gewinnkonto und ein Wertpapierkonto. Diese Umstrukturierung stellt sicher, dass zunächst nur gesicherte Einlagen (bis zu 100.000 CHF) zurückerstattet werden.
- Benachrichtigung und Weitergabe von Informationen: Die Konkursverwalter kommunizieren regelmässig mit den Kunden und Beteiligten und informieren sie über den Stand ihrer Konten, den Erstattungsprozess und alle rechtlichen Verpflichtungen. Diese Kommunikation ist entscheidend, um Betrug zu verhindern und sicherzustellen, dass alle Beteiligten über den laufenden Prozess informiert sind.
- Rückerstattung von gesicherten Einlagen: Eine der ersten Massnahmen der Liquidatoren ist die Rückerstattung der gesicherten Einlagen bis zu 100’000 CHF pro Kunde. Dieser Schritt dient vorrangig dem Schutz der Einleger und wird über die reaktivierte E-Banking-Plattform der FlowBank abgewickelt.
- Liquidation der Vermögenswerte und Abwicklung der Forderungen: Die Liquidatoren werden die Vermögenswerte der Bank veräussern und alle ausstehenden Forderungen abwickeln. Dies schliesst die Beendigung aller Verträge und die Beilegung aller Rechtsstreitigkeiten ein. Den Beteiligten wird empfohlen, weitere Anweisungen der Liquidatoren über das weitere Vorgehen abzuwarten.
- Abschluss und Beendigung: Nachdem alle Vermögenswerte liquidiert und die Forderungen geklärt sind, wird das Liquidationsverfahren abgeschlossen. Dazu gehören eine abschliessende Rechnungslegung über das Verfahren und die Verteilung der verbleibenden Mittel an die Gläubiger und Beteiligten.
Die wichtigsten Lehren aus dem FlowBank-Fall
Der Fall FlowBank liefert wichtige Erkenntnisse für Finanzinstitute, insbesondere in den Bereichen Fintech und Neo-Banking:
✓ Einhaltung gesetzlicher Vorschriften: Anhaltende Nichteinhaltung der Eigenkapitalanforderungen und Mängel im Risikomanagement führten zum Untergang der FlowBank. Die Einhaltung der Vorschriften ist entscheidend, um ähnliche Ergebnisse zu vermeiden.
✓ Transparenz und korrekte Berichterstattung: Unvollständige und ungenaue Finanzberichte trugen zu den finanziellen Schwierigkeiten der FlowBank bei. Transparenz und Genauigkeit sind entscheidend für die Aufrechterhaltung von Vertrauen und Stabilität.
✓ Effektives Risikomanagement: Das Engagement der FlowBank in risikoreichen Aktivitäten, ohne organisatorische Mängel zu beheben, erhöhte ihre Anfälligkeit. Ein angemessenes Risikomanagement ist entscheidend, um potenziellen Risiken vorzubeugen.
✓ Nachhaltiges Wachstum: Das schnelle Wachstum der FlowBank, das durch Innovation und Digitalisierung angetrieben wurde, wurde durch die Nichteinhaltung etablierter Bankpraktiken untergraben. Ein nachhaltiges Wachstum, das Innovation und Compliance in Einklang bringt, ist für den langfristigen Erfolg unerlässlich.
✓ Konsequenzen der Nichteinhaltung von Vorschriften:Der Entscheid der FINMA mag zwar als unverhältnismässig und hart empfunden werden, er zeigt aber die schwerwiegenden Folgen der Nichteinhaltung von regulatorischen Pflichten auf und könnte sogar ein neuer Trend sein.
In der heutigen, sich schnell entwickelnden Finanzlandschaft sind die Einhaltung von Vorschriften, Transparenz und ein effektives Risikomanagement entscheidend für den Erfolg und die Stabilität eines jeden Unternehmens. Unser erfahrenes Team bei LINDEMANNLAW unterstützt seine Klienten bei der Einhaltung der FINMA-Vorschriften und stellt sicher, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt werden. Aufgrund unserer internen Erfahrung übernehmen Mitglieder unserer Kanzlei Verantwortung als unabhängige Verwaltungsräte und Liquidatoren in der Finanzindustrie. Wir bieten massgeschneiderte Rechtsberatung, um Ihr Unternehmen erfolgreich zu positionieren und gleichzeitig Risiken effektiv zu managen. Wenden Sie sich noch heute an uns, um Ihr Unternehmen zu schützen und dem sich ständig ändernden rechtlichen Umfeld zu begegnen.