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Auswirkungen der Erbrevision auf die Unternehmensnachfolge

Mit unserem Newsletter «Neues Schweizer Erbrecht» haben wir über die jüngsten Änderungen im Schweizer Erbrechts informiert. Heute unternehmen wir einen Ausblick auf die 2. Etappe der Erbrechtsrevision – die geplanten Erleichterungen in der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge.

1. Was ändert sich bei den gesetzlichen Pflichtteilen?

Mit der per 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Abschaffung des Pflichtteils der Eltern und der Reduktion der Pflichtteilsquote für Nachkommen wurde der frei verfügbare Anteil an der Erbschaft erweitert. Hierzu haben wir bereits einen Newsletter publiziert, den Sie hier nachlesen könnt.

2. Wie wirkt sich die Erbrechtsreform auf die Nachfolge in Unternehmen aus?

Der Erblasser kann nun einen grösseren Teil seines Unternehmens auf einen oder mehrere Nachfolger übertragen. Der Gestaltungsspielraum findet weiterhin seine Grenzen an den Pflichtteilen der Erben. Das heisst die Übertragung eines Unternehmens auf einen Nachfolger ist nur möglich, wenn dieser die Pflichtteilsansprüche der übrigen Erben begleichen kann. Verfügt er nicht über die finanziellen Mittel und kommt es zu keiner Einigung zwischen den Erben, muss das Unternehmen verkauft oder liquidiert werden. Mit dem Ziel, solch einschneidende Massnahmen zu vermeiden und erfolgreiche Unternehmensnachfolgen zu begünstigen, werden verschiedene Anpassungen vorgeschlagen:

3. Kann das Unternehmen einem Erben alleine zugewiesen werden?

Unter dem geltenden Recht kann der Erblasser verbindliche Teilungsvorschrift erlassen und das Unternehmen einem Erben alleine zuteilen. Unterlässt er dies und können sich die Erben nicht einigen, hat ein Gericht die Zuteilung vorzunehmen.

Neu und sofern der Erblasser keine Teilungsvorschrift getroffen hat, kann jeder Erbe verlangen, dass ihm das gesamte Unternehmen zugewiesen wird. Verlangen mehrere Erben die Zuweisung, so ist das Unternehmen demjenigen zuzuweisen, der für die Führung des Unternehmens am geeignetsten erscheint. Mehrere Erben können auch gemeinsam die Zuweisung verlangen.

4. Wann sind Ausgleichszahlungen an die übrigen Erben zu leisten?

Mit dem Tod eines verheirateten Unternehmers wird die Ehe aufgelöst und das Vermögen der Ehegatten güterrechtlich auseinandergesetzt. Bringt die sofortige Bezahlung einer Forderung aus der Auseinandersetzung den überlebenden Ehegatten in ernsthafte Schwierigkeiten, kann er verlangen, dass ihm Zahlungsfristen angesetzt werden. Zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge sollen unter dem neuen Recht auch die Erben des verstorbenen Ehegatten gegenüber dem überlebenden Ehegatten Zahlungsfristen verlangen können, sofern ein Unternehmen betroffen ist.

Unter geltendem Recht muss der Erbe, der das Unternehmen übernimmt, nach dem Tod des Erblassers allfällige Ausgleichszahlungen an die übrigen Erben umgehend auszahlen. Neu sollen dem Unternehmensnachfolger Zahlungsfristen von höchstens zehn Jahren eingeräumt werden, wenn ihn die sofortige Bezahlung in ernsthafte Schwierigkeiten bringt.

5. Was gilt in Bezug auf die Wertermittlung des Unternehmens?

Auch wenn das Unternehmen noch vor dem Tod des Erblassers an einen Nachfolger übertragen wurde, wird für die Wertermittlung auf den Verkehrs­wert des Unternehmens zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers abgestellt. Da die Bewertung zum Todestag zu unbefriedigenden Resultaten führen kann, soll unter dem neuen Recht die Möglichkeit eingeräumt werden, das Unternehmen zum Verkehrswert zum Zeitpunkt der Zuwendung bzw. der Kontrollübernahme anzurechnen. Dazu ist im Zeitpunkt der Zuwendung eine Unternehmensbewertung nach anerkannten Grundsätzen zu erstellen und diese innert einem Jahr der zuständigen Behörde zu übergeben.

6. Welche Rechte stehen den Pflichtteilserben zu?

Als Ausgleich zu den Vorschlägen einer erleichterten Unternehmensnachfolge sollen die Miterben, die das Unternehmen nicht übernehmen, besser geschützt werden. So soll neu beispielsweise ein Pflichtteilserbe, dessen Pflichtteil durch Zuweisung einer Minderheitsbeteiligung am Unternehmen erfüllt werden soll, dies ablehnen können. Weiter werden anlässlich des Erbgangs zusätzliche Rechte und Pflichten der Pflichtteilserben eingeführt für zu Lebzeiten oder auf den Tod des Erblassers er­haltene Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligungen.

7. Für wen und ab wann gelten die neuen Bestimmungen?

Die vorgeschlagenen Bestimmungen zur Unternehmensnachfolge sollen auf wirtschaftlich tätige Einzelunternehmen, einfache Gesellschaften und nicht börsenkotierte Handelsgesellschaften Anwendung finden. Nicht erfasst sind Holdinggesellschaften, die kein wirtschaftlich tätiges Unternehmen kontrollieren, und Unternehmen, die ausschliesslich das eigene Vermögen verwalten.

Der Bundesrat hat am 10. Juni 2022 die Botschaft zur Unternehmensnachfolge im Erbrecht verabschiedet. Als nächstes steht die parlamentarische Beratung der Revisionsvorlage im National- und Ständerat an. Aktuell kann nicht abgeschätzt werden, wann und in welcher Form die Revisionsvorlage in Kraft treten wird.

8. Take-Home Message

  • Die Nachfolge- und Nachlassplanung in einem Unternehmen sollte frühzeitig und wenn immer möglich vor dem Tod des Unternehmers geplant und umgesetzt werden.
  • Um den seit dem 1. Januar 2023 erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf eine Unternehmensnachfolge optimal auszuschöpfen, sind besehende Verfügungen von Todes wegen (Erbvertrag / Testament) zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

 

Unsere Fachspezialisten beraten sie bei der Nachfolgeplanung sowie beim Abfassen oder Anpassen einer letztwilligen Verfügung oder eines Erbvertrags.

Unsere kanzleiinterne Urkundsperson steht ihnen für notarielle Dienstleistungen im Kanton Schwyz gerne zur Verfügung.

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