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Litigation Funding in der Schweiz: Wie Sie Prozesse führen, ohne das Kostenrisiko zu tragen

Gerichtsverfahren sind für viele Anspruchsberechtigte mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden. Gerade bei wirtschaftlich bedeutenden Streitigkeiten können hohe Vorschüsse, lange Verfahrensdauern und komplexe Sachverhalte dazu führen, dass berechtigte Ansprüche nicht durchgesetzt werden – nicht weil sie unbegründet wären, sondern weil das Kostenrisiko zu hoch ist. In solchen Fällen kann die private Prozessfinanzierung durch Drittanbieter (Litigation Funding) eine entscheidende Rolle spielen. Dieses Instrument erlaubt es, Prozesse professionell und risikofrei zu führen, ohne die finanziellen Ressourcen der Anspruchsberechtigten zu belasten.

In der Schweiz hat sich Litigation Funding in den letzten Jahren als ernstzunehmende Alternative zur klassischen Eigenfinanzierung etabliert. Gestützt auf unsere Erfahrung in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Prozessfinanzierern beleuchten wir in diesem Newsletter zentrale Fragen zur privaten Prozessfinanzierung – praxisnah und mit Blick auf die Bedürfnisse anspruchsvoller Mandate.

Welche Prozessfinanzierer sind in der Schweiz und weltweit führend?

Der Markt für Prozessfinanzierung ist sowohl in der Schweiz als auch international stark gewachsen und wird heute von einer Reihe etablierter Anbieter geprägt. In der Schweiz zählt insbesondere Nivalion AG mit Sitz in Zürich zu den prägenden Akteuren. Das Unternehmen ist auf grenzüberschreitende Streitigkeiten, internationale Schiedsverfahren sowie komplexe wirtschaftsrechtliche Verfahren spezialisiert. Ebenfalls im Schweizer Markt tätig sind Legial AG, eine Tochtergesellschaft der ERGO-Gruppe, sowie die FORIS AG. Beide Anbieter verfügen über eine langjährige Erfahrung im deutschsprachigen Raum und engagieren sich insbesondere bei zivilrechtlichen Streitigkeiten, zum Teil auch bei kleineren Streitwerten.

Auf internationaler Ebene gilt der Londoner Markt als führendes Zentrum im Bereich Litigation Funding. Zu den weltweit bedeutendsten Anbietern zählt Burford Capital, ein börsenkotiertes Unternehmen mit Standorten in London und New York, das insbesondere im Bereich hochvolumiger Handels- und Investitionsstreitigkeiten aktiv ist. Ebenfalls in London ansässig sind Harbour Litigation Funding und Therium Capital Management, beide mit breiter internationaler Erfahrung und einem Fokus auf komplexe Einzelverfahren wie auch auf Kollektivklagen. Global tätig ist zudem Omni Bridgeway, ein ursprünglich australischer Anbieter mit heute weltweiter Präsenz – unter anderem auch mit einem Standort in Genf. Der Schwerpunkt liegt auf wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten, internationalen Schiedsverfahren und Insolvenzverfahren. Weitere etablierte Marktteilnehmer mit internationaler Ausrichtung sind unter anderem Augusta Ventures, Woodsford Litigation Funding sowie Delta Capital Partners, welche je nach Struktur des Verfahrens und geografischem Anknüpfungspunkt unterschiedliche Modelle der Finanzierung anbieten.

Worauf muss man bei der Prozessfinanzierung achten?

Eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit einem Finanzierer setzt die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen voraus. Zentral ist der Streitwert: Die meisten Anbieter setzen eine Mindestschwelle zwischen CHF 100’000 und CHF 500’000 voraus. Ebenso wichtig sind die Erfolgsaussichten – je höher, desto besser. Viele Anbieter erwarten eine realistische Chance von über 60 %. Hinzu kommen Aspekte wie die Bonität und Vollstreckbarkeit gegenüber der Gegenpartei sowie ein insgesamt stimmiges Kosten-Nutzen-Verhältnis. Denn auch wenn der Finanzierer alle Kosten trägt, soll der verbleibende Gewinn für die Partei wirtschaftlich sinnvoll bleiben.

Welche Unterschiede bestehen zwischen den Anbietern?

Die Anbieter unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihrer Vergütungsmodelle und Risikoprofile. Die Erfolgsbeteiligung liegt je nach Anbieter zwischen 20% und 50% des Nettoertrags. Auch die Anforderungen an den Mindeststreitwert variieren erheblich. Einige Anbieter verfügen über ein breiteres Angebotsportfolio und bieten etwa Teilfinanzierungen oder Portfoliolösungen für Unternehmen mit mehreren laufenden Verfahren an. Andere fokussieren sich auf spezifische Rechtsgebiete wie Kartellrecht, Investitionsschutz oder internationale Handelsschiedsverfahren. Es lohnt sich daher, die Anbieter sorgfältig zu vergleichen – ein Prozess, bei dem wir unsere Klientinnen und Klienten aktiv begleiten.

Was wird im Rahmen der Due Diligence geprüft?

Bevor ein Finanzierer eine Finanzierung zusichert, führt er eine umfassende Prüfung des Falls durch. Im Zentrum steht dabei die juristische Analyse – also die Beurteilung der Erfolgsaussichten, Beweislage und rechtlichen Risiken. Hinzu kommen wirtschaftliche Überlegungen wie der Streitwert, die Realisierbarkeit eines allfälligen Urteils und die voraussichtliche Verfahrensdauer. Auch strategische Gesichtspunkte – etwa die Möglichkeit einer gütlichen Einigung oder das Verhalten der Gegenpartei – fliessen ein. Eine konsistente, glaubwürdige Darstellung des Falls ist ebenso entscheidend wie die saubere Dokumentation. Unsere Kanzlei begleitet Sie von der strukturierten Vorbereitung bis hin zur Due-Diligence-Prüfung.

Wann ist Litigation Funding sinnvoll?

Prozessfinanzierung ist kein Allheilmittel, aber sie entfaltet ihr Potenzial insbesondere dann, wenn die Prozesspartei über berechtigte Ansprüche mit hohen Erfolgsaussichten verfügt, jedoch die Mittel oder die Risikobereitschaft fehlen, um ein kostenintensives Verfahren allein zu tragen. Besonders geeignet ist Litigation Funding bei grossen, komplexen Streitigkeiten, bei denen hohe Vorschüsse erforderlich sind oder eine lange Verfahrensdauer zu erwarten ist. Auch für wirtschaftlich solide Unternehmen kann sie eine Option sein – etwa aus bilanziellen oder strategischen Gründen, um das Prozessrisiko auszulagern.

Wie funktioniert die private Prozessfinanzierung konkret?

Der Ablauf ist strukturiert: Zunächst stellen wir als Kanzlei den Fall beim geeigneten Finanzierer vor. Es folgt eine umfassende Prüfung, in der juristische und wirtschaftliche Faktoren analysiert werden. Bei positiver Einschätzung wird ein Vertrag abgeschlossen, in dem der Finanzierer sich verpflichtet, sämtliche Prozesskosten zu übernehmen – darunter Anwaltskosten, Gerichtskosten und allfällige Parteientschädigungen. Im Gegenzug erhält der Finanzierer bei Obsiegen eine prozentuale Beteiligung am Ertrag. Kommt es nicht zu einem Erfolg, trägt er das gesamte Verlustrisiko.

LINDEMANNLAW – Ihr Partner für professionelle Prozessfinanzierung

Als wirtschaftsrechtlich ausgerichtete Kanzlei mit fundierter Erfahrung in der Zusammenarbeit mit renommierten Prozessfinanzierern stehen wir Ihnen umfassend zur Seite – von der Prüfung der Erfolgsaussichten bis hin zur Verhandlung optimaler Finanzierungsbedingungen. Ob Unternehmen, Privatperson oder Institution: Wir entwickeln für Sie die richtige Strategie – kompetent, diskret und zielorientiert. Gerne prüfen wir gemeinsam mit Ihnen, ob Ihr Fall für eine Prozessfinanzierung geeignet ist – diskret, effizient und mit Weitblick. Kontaktieren Sie uns für ein Erstgespräch.

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