Einführung
Ob beim Kauf, bei der Finanzierung oder bei der Entwicklung einer Liegenschaft: Wer in der Schweiz mit Immobilien zu tun hat, kommt am Grundbuch nicht vorbei. Es ist das zentrale Register für dingliche Rechte und bildet die Grundlage für Rechtssicherheit und Vertrauen im Grundstücksverkehr. Doch obwohl das Grundbuch einen hohen Grad an Verlässlichkeit bietet, garantiert es nicht in jedem Fall absolute Sicherheit. In dieser Ausgabe geben wir einen kompakten Überblick über die wichtigsten Fragen rund ums Grundbuch – und zeigen auf, wann rechtlicher Beistand unerlässlich ist.
Was steht im Grundbuch und wie ist es aufgebaut?
Das Schweizer Grundbuch basiert auf dem sogenannten Realfoliensystem. Für jedes Grundstück wird ein separates Grundbuchblatt geführt, versehen mit einer eindeutigen Nummer. Dies gewährleistet Übersichtlichkeit und rechtliche Eindeutigkeit. Im Grundbuch eingetragen werden ausschliesslich dingliche Rechte wie das Eigentum, Dienstbarkeiten, Grundlasten sowie Grundpfandrechte in Form von Grundpfandverschreibungen, Papier-Schuldbriefen oder Register-Schuldbriefen. Ergänzt wird das System durch Vormerkungen (beispielsweise für Kauf- oder Rückkaufsrechte) und Anmerkungen, etwa zu Bauverboten oder Verfügungsbeschränkungen.
Nicht im Grundbuch erscheinen hingegen rein obligatorische Rechte, wie etwa Mietverträge, sowie familienrechtliche Verhältnisse, sofern sie nicht grundbuchrechtlich relevant sind. Eine Ausnahme bildet etwa die Anmerkung zur Errungenschaftsbeteiligung. Die gesetzliche Grundlage für den Grundbuchinhalt und -aufbau findet sich in Art. 946 ff. ZGB.
Wie funktionieren Eintragung, Vormerkung und Anmerkung im Grundbuch und welche Rolle spielt der Notar?
Die Eintragung eines dinglichen Rechts setzt in der Regel ein öffentlich beurkundetes Rechtsgeschäft voraus, meist erfolgt dies durch eine Notarin oder einen Notar. Nach Vorlage der Urkunde beim Grundbuchamt wird diese materiell geprüft und sodann ins Grundbuch eingetragen. Entscheidend ist dabei das absolute Eintragungsprinzip gemäss Art. 971 Abs. 1 ZGB: Dingliche Rechte an Grundstücken entstehen, ändern oder erlöschen grundsätzlich nur mit der Eintragung im Grundbuch.
Vormerkungen betreffen dagegen persönliche Rechte, zum Beispiel ein vereinbartes Vorkaufsrecht, und entfalten eine besondere Wirkung gegenüber später eingetragenen Rechten, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (s. Art. 959 ff. ZGB). Anmerkungen wiederum schaffen keine eigenständigen Rechte, sondern weisen auf rechtlich bedeutsame Umstände hin (s. Art. 962 ZGB). Ihre Funktion liegt in der Information und Offenlegung, etwa bei öffentlich-rechtlichen Bauverboten oder privatrechtlichen Verfügungsbeschränkungen.
Die Dauer einer Eintragung hängt vom Kanton und der Komplexität des Vorgangs ab. Sie reicht von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen. Eine frühzeitige notarielle Vorbereitung ist daher nicht nur empfehlenswert, sondern in vielen Fällen entscheidend.
Warum ist das Grundbuch so wichtig und was bedeutet Rechtskraft?
Das Grundbuch bildet das Rückgrat der Rechtssicherheit im Liegenschaftsverkehr. Es schafft Transparenz für Erwerber, Investoren und Banken – insbesondere durch die sogenannte positive und negative Rechtskraft. Die positive Rechtskraft bedeutet, dass jemand, der gutgläubig auf einen Eintrag im Grundbuch vertraut, durch diesen Eintrag geschützt wird (s. Art. 973 Abs. 1 ZGB). Wer also etwa eine Liegenschaft erwirbt und sich auf den aktuellen Eintrag verlässt, wird Eigentümer, selbst wenn sich später herausstellt, dass der Eintrag materiell unzutreffend war.
Die negative Rechtskraft wiederum erlaubt Dritten, darauf zu vertrauen, dass das Grundbuch vollständig ist (s. Art. 971 Abs. 1 ZGB). Fehlt ein Eintrag, darf man in der Regel davon ausgehen, dass das entsprechende Recht nicht besteht. Doch Vorsicht: Beide Schutzmechanismen greifen nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wer den wahren Sachverhalt kennt oder bei zumutbarer Sorgfalt hätte erkennen können, geniesst diesen Vertrauensschutz nicht. Das Grundbuch ist somit ein starkes, aber kein unfehlbares Instrument.
Wer darf Auskunft oder Einsicht ins Grundbuch nehmen und worin liegt der Unterschied?
Das Zivilgesetzbuch unterscheidet klar zwischen Auskunft und Einsicht. Eine einfache Auskunft über die im Hauptbuch eingetragenen Daten, etwa über Eigentumsverhältnisse oder Dienstbarkeiten, kann von jedermann eingeholt werden, ohne dass ein besonderes Interesse nachgewiesen werden muss (Art. 970 Abs. 2 ZGB). Für eine umfassende Einsicht, die auch Belege, Pläne, Tagebuchnotizen und weitere Verzeichnisse einschliesst, ist hingegen ein glaubhaft gemachtes Interesse erforderlich (s. Art. 970 Abs. 1 ZGB).
Ein solches Interesse kann wirtschaftlicher, wissenschaftlicher, persönlicher oder familiärer Natur sein – beispielsweise im Rahmen einer Kaufabsicht, einer Betreibung oder im Rahmen einer anwaltlichen Beratung. Für Rechtsanwälte ist es in vielen Kantonen zudem möglich, nach Genehmigung auch elektronisch Einsicht zu nehmen. Entscheidend ist stets, dass der Zugriff auf sensible Informationen verhältnismässig und sachlich begründet bleibt.
Wann kann das Grundbuch irreführend sein und wann fehlt der Vertrauensschutz?
Trotz aller Systematik ist das Grundbuch nicht immer ein getreues Abbild der rechtlichen Realität. So gibt es Fälle, in denen der eingetragene Betrag eines Schuldbriefs höher ist als die tatsächlich bestehende Hypothekarschuld, was zu falschen Annahmen über die Belastung eines Grundstücks führen kann. Zudem erlaubt das Gesetz bei Papier-Schuldbriefen und Grundpfandverschreibungen einen Gläubigerwechsel auch ohne Grundbucheintrag, was auf dem sogenannten relativen Eintragungsprinzip beruht.
Ganz anders ist es beim Register-Schuldbrief: Hier gilt das absolute Eintragungsprinzip, und ein Wechsel der Gläubigerin ist nur mit einer Eintragung gültig. Auch bei Reglementen im Stockwerkeigentum ist Vorsicht geboten: Diese Dokumente können veraltet sein oder nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, bleiben jedoch rechtlich bindend, solange sie nicht angepasst wurden. In all diesen Fällen entfällt der Vertrauensschutz, wenn der Erwerber Kenntnis von der wahren Rechtslage hatte oder diese hätte haben müssen. Es lohnt sich also, genau hinzuschauen und professionellen Rat beizuziehen.
Fazit: Grundbuch prüfen, nicht nur lesen
Das Grundbuch ist ein tragendes Element des schweizerischen Grundstücksrechts, doch es ersetzt keine sorgfältige rechtliche Prüfung. Eintragungen müssen nicht nur gelesen, sondern im Kontext verstanden und bewertet werden. Gerade bei der Prüfung von Grundbuchauszügen, bei Immobilientransaktionen oder bei Finanzierungsfragen ist juristisches Know-how unerlässlich. Denn was auf den ersten Blick eindeutig scheint, kann in der rechtlichen Tiefe ganz anders gelagert sein.
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