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Neue Bestimmungen im Gesellschaftsrecht ab 1. Januar 2025: Klare Regeln gegen Mantelhandel und rückwirkendes Opting-Out

Seit dem 1. Januar 2025 gelten neue Bestimmungen im Schweizer Gesellschaftsrecht, die gezielt Konkursmissbräuche verhindern, den Handel mit überschuldeten Gesellschaftshüllen (Mantelgesellschaften) unterbinden und das Revisionsrecht klarer strukturieren. Mit der Einführung von Art. 684a OR und der Revision von Art. 727a OR setzt der Gesetzgeber neue Standards in Sachen Transparenz und Gläubigerschutz – und schafft klare Regeln für Opting-Outs und Manteltransaktionen.

Dieser Beitrag beantwortet die fünf zentralen Fragen zu den neuen Vorschriften – kompakt, rechtlich präzise und mit praktischem Mehrwert für Unternehmer, Verwaltungsräte und Investoren.

Welche sind die Hauptgesetzesänderungen zur Bekämpfung von Konkursmissbräuchen?

Die Revision des Gesellschaftsrechts bringt grundlegende Änderungen mit sich. Erstens wird der Mantelhandel unter bestimmten Voraussetzungen untersagt – eine Reaktion auf zahlreiche Umgehungskonstruktionen bei faktisch toten Gesellschaften. Zweitens ist das Opting-Out rückwirkend nicht mehr zulässig, was die Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Handelsregister verbessert.

Zusätzlich wurde die Einführung einer zentralen Personendatenbank mit Suchfunktion beschlossen, um die wirtschaftlich Berechtigten juristischer Personen besser identifizieren zu können. Verschärfte Tätigkeitsverbote betreffen Personen, die bereits mit betrügerischen Strukturen oder Konkursdelikten in Verbindung standen. Und schliesslich bestehen neu spezifische Anzeigepflichten der Konkursverwaltung bei Verdacht auf Missbrauch. Ziel all dieser Massnahmen ist die Stärkung des Gläubigerschutzes und die Verhinderung struktureller Rechtsumgehung.

Was bedeuten die Begriffe „Mantelgesellschaft“ und „Mantelhandel“ – und worin liegt der Unterschied zur Vorratsgesellschaft?

Laut ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung handelt es sich bei einer Mantelgesellschaft um eine juristische Person, deren Geschäftstätigkeit vollständig eingestellt wurde und deren Aktiven nicht mehr vorhanden sind – die jedoch rechtlich weiterbesteht und weiterhin im Handelsregister eingetragen ist. Der anschliessende Mantelhandel zielt darauf ab, den Aufwand einer formellen Liquidation und einer vollständigen Neugründung zu vermeiden – meist, um Zeit und Kosten zu sparen.

Demgegenüber handelt es sich bei einer Vorratsgesellschaft um eine bewusst gegründete, nicht operativ tätige Gesellschaft mit einem vollständig einbezahlten Kapital, die rechtlich einwandfrei vorbereitet wurde und keine wirtschaftliche Vergangenheit aufweist. Während Mantelgeschäfte heute als riskant und potenziell rechtswidrig gelten, sind Vorratsgesellschaften – sofern korrekt strukturiert – weiterhin zulässig.

Was sieht der neue Art. 684a OR vor und was bezweckt diese Bestimmung?

Der neue Art. 684a OR regelt, unter welchen Bedingungen ein Mantelhandel unzulässig ist. Ein solcher liegt vor, wenn eine Gesellschaft kumulativ:

  1. keine Geschäftstätigkeit mehr ausübt,
  2. keine verwertbaren Aktiven mehr besitzt,
  3. finanziell überschuldet ist – also ein negatives Nettovermögen aufweist, ohne dass zwingend eine Überschuldung im Sinne von Art. 725b OR vorliegen muss.

Zweck dieser Norm ist nicht nur die Integrität des Handelsregisters, sondern insbesondere der Schutz der Gläubiger, die nicht durch den Weiterverkauf überschuldeter Hüllen gefährdet werden sollen. Der Gesetzgeber will damit ein klares Signal gegen missbräuchliche Unternehmensverwendungen setzen und die ordentliche Liquidation wieder ins Zentrum rücken.

Welche ist die Rechtsfolge eines Mantelgeschäfts?

Ein nach Art. 684a OR unzulässiger Mantelhandel ist zivilrechtlich nichtig – bereits auf der Stufe des Verpflichtungsgeschäfts. Das bedeutet, dass weder das Eigentum an Gesellschaftsanteilen übergeht, noch eine spätere Heilung durch Registrierung erfolgt. Entscheidend: Auch ein gutgläubiger Erwerb ist ausgeschlossen.

Ebenso sind nach dem Mantelhandel eingesetzte Organe rechtlich unwirksam, und Verpflichtungen, die die Gesellschaft nach dem unzulässigen Erwerb eingeht, entfalten keine Rechtswirkung. Für neue Gläubiger bedeutet das, dass ihnen Schadenersatzansprüche gegen die vermeintlichen Organpersonen offenstehen – in analoger Anwendung von Art. 39 Abs. 1 OR, da sie ohne rechtsgültige Organstellung gehandelt und dadurch einen haftungsbegründenden Schaden verursacht haben.

Was gilt neu beim Opting-Out gemäss Art. 727a OR?

Gemäss revidiertem Art. 727a OR ist der Verzicht auf die eingeschränkte Revision (Opting-Out) nur noch für künftige Geschäftsjahre zulässig. Ein rückwirkender Verzicht – etwa nach Vorlage einer kritischen Revision – ist ausgeschlossen. Damit kann eine Jahresrechnung ohne vorgängige Revisionspflicht nicht mehr nachträglich „entlastet“ werden.

Voraussetzung für ein gültiges Opting-Out bleibt, dass die Gesellschaft höchstens zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt beschäftigt und alle Aktionäre zustimmen. Neu ist jedoch: Die Verzichtserklärung muss vor Ende des laufenden Geschäftsjahres im Handelsregister angemeldet werden. Ein Revisionsverzicht zur Zeit der Gründung bleibt weiterhin zulässig, jedoch kann eine einmal entstandene Revisionspflicht nicht rückwirkend beseitigt werden.

Ziel der Revision ist es, Gläubiger bei drohender Überschuldung besser zu schützen und Missbrauchsfälle zu verhindern, bei denen problematische Prüfberichte im Nachhinein durch rückwirkende Opting-Outs neutralisiert wurden. Mit der neuen Rechtslage werden solche Umgehungskonstellationen nun wirksam ausgeschlossen.

Fazit: Struktur prüfen – Risiken vermeiden

Mit den neuen Bestimmungen stärkt der Gesetzgeber die Rechtssicherheit und schafft klare Grenzen für zulässige und unzulässige Gesellschaftsverwendungen. Der Missbrauch durch Mantelhandel wird effektiv unterbunden, das Revisionsrecht wird transparenter geregelt und der Gläubigerschutz konsequent durchgesetzt. Für Gesellschaften, Organe und Investoren ist jetzt der richtige Zeitpunkt, bestehende Strukturen sowie Handelsregistereinträge zu überprüfen – und bei Bedarf rechtssicher anzupassen.

LINDEMANNLAW gehört zu den führenden Spezialisten im Schweizer Gesellschaftsrecht – sei es bei Gründung, Umstrukturierung, Opting-Out, Vorratsgesellschaften oder im Umgang mit Handelsregisterbehörden. Unsere Expertise ist Ihr Vorteil: Wir erkennen Risiken, bevor sie entstehen, und entwickeln rechtssichere Lösungen für Ihre geschäftlichen Ziele.

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