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Die Schweiz führt das Investitionsprüfgesetz ein: Was Sie wissen müssen

Die Schweiz ist seit langem für ihre offene Wirtschaft und ihr investorenfreundliches Klima bekannt und zieht ausländische Direktinvestitionen (ADI) ohne nennenswerte regulatorische Hindernisse an. Die wachsende Besorgnis über die nationale Sicherheit, kritische Infrastrukturen und ausländische staatlich kontrollierte Investitionen hat jedoch zur Einführung des Investitionsprüfgesetz (IPG) geführt. Mit diesem Gesetzesvorschlag soll ein Prüfverfahren für ausländische Investitionen eingeführt werden, das die Schweiz an internationale Best Practices anpasst und gleichzeitig potenzielle Risiken im Zusammenhang mit strategischen Übernahmen berücksichtigt.

Dieser Einblick bietet einen detaillierten Überblick über das Investitionsprüfgesetz, einschliesslich seines Zwecks, der betroffenen Branchen, der Genehmigungsschwellen, der wichtigsten Argumente und des Zeitplans für die Umsetzung.

Was ist das neue Investitionsprüfgesetz und was sind seine Hauptziele?

Die Schweiz hat traditionell einen offenen Ansatz gegenüber ausländischen Direktinvestitionen (ADI) verfolgt, da es keinen allgemeinen Rahmen für die Überprüfung solcher Transaktionen gibt. Im März 2020 verabschiedete das Schweizer Parlament jedoch die Rieder-Motion mit dem Titel „Schutz der Schweizer Wirtschaft durch Investitionskontrollen“, die den Bundesrat anwies, ein Gesetz zur Überprüfung ausländischer Investitionen auszuarbeiten.

Als Reaktion darauf wurde am 18. Mai 2022 erstmals das Investitionsprüfgesetz eingeführt. Sein Hauptziel ist es, ausländische Investitionen zu verhindern, die die nationale Sicherheit gefährden könnten. Das Gesetz deckte zunächst einen breiten Anwendungsbereich ab und zielte auf staatlich kontrollierte ausländische Investoren und kritische Branchen wie Verteidigung, Energie und Telekommunikation ab. Nach Kritik wurde jedoch am 15. Dezember 2023 ein überarbeiteter Entwurf veröffentlicht, der den Anwendungsbereich auf ausländische staatlich kontrollierte Übernahmen in hochsensiblen Sektoren einschränkt.

Öffentliche Ordnung und Sicherheit

Der vorgeschlagene Mechanismus zur Überprüfung von Investitionen soll staatlich unterstützte ausländische Übernahmen verhindern, die Risiken für die nationale Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität der Schweiz darstellen könnten. Zu den Bedenken gehören strategische, nicht kommerzielle Motive staatlich kontrollierter Investoren, die mögliche Verlagerung von Entscheidungszentren, der Verlust von Arbeitsplätzen und die Schwächung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards (ESG).

Die Schweiz verfügt derzeit über keinen Rahmen für die Investitionskontrolle, was sie zu einem Sonderfall unter den EU- und OECD-Ländern macht. Mit diesem Gesetz würden die Schweizer Investitionsvorschriften an internationale Standards für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen angepasst, wodurch gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleistet würden.

Welche Branchen werden am stärksten betroffen sein?

Das Investitionsprüfgesetz zielt speziell auf Übernahmen in Branchen ab, die für die nationale Sicherheit sensibel sind, darunter:

✔ Militärische Ausrüstung und Güter mit doppeltem Verwendungszweck (zivile und militärische Anwendungen)
✔ Stromerzeugung und Netzbetrieb
✔ Wasserversorgungsinfrastruktur
✔ Gesundheits- und Pharmaindustrie
✔ Telekommunikation und IT-Infrastruktur
✔ Verkehrsinfrastruktur (Eisenbahn, Flughäfen, wichtige Logistikzentren)

Was sind die De-minimis- und Umsatzschwellen?

Um übermässigen bürokratischen Aufwand zu vermeiden, wendet das IPG quantitative Schwellenwerte an, um Transaktionen zu filtern, die einer Überprüfung unterliegen.

De-minimis-Schwelle

Investitionen in kritische Sektoren bedürfen keiner Genehmigung, wenn das Zielunternehmen beide Kriterien erfüllt:

✔ Weltweit weniger als 50 Vollzeitbeschäftigte
✔ Jahresumsatz weltweit unter 10 Millionen CHF in den letzten zwei Jahren

Bestimmte Branchen sind jedoch von dieser Schwelle ausgenommen, sodass alle Übernahmen in diesen Sektoren unabhängig von der Unternehmensgrösse genehmigungspflichtig sind. Dazu gehören:

✔ Militärische und nationale sicherheitsrelevante Industrien
✔ Stromnetze, Kraftwerke und Erdgaspipelines
✔ Wasserversorgungsinfrastruktur für mehr als 100.000 Schweizer Bürger
✔ Sicherheitsrelevante IT-Systeme und -Dienstleistungen

Umsatzschwelle

Für andere kritische Sektoren schreibt das Gesetz eine Transaktionsprüfung vor, wenn der weltweite Umsatz des Zielunternehmens im vorangegangenen Geschäftsjahr 100 Millionen CHF übersteigt. Zu den betroffenen Branchen gehören:

✔ Krankenhäuser und Gesundheitsdienstleister
✔ Pharmazeutische, medizinische und Impfstoffproduktion
✔ Herstellung persönlicher Schutzausrüstung
✔ Eisenbahninfrastruktur
✔ Lebensmittelvertriebsnetze
✔ Telekommunikationsnetze
✔ Finanzmarktinfrastrukturen (z. B. systemrelevante Banken)

Wenn ein ausländischer staatlich unterstützter Investor ein Unternehmen in diesen Branchen erwerben möchte, muss er das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) benachrichtigen, das die Transaktion prüft und entscheidet, ob sie genehmigt oder blockiert wird.

Was sind die Hauptargumente gegen das neue Regime?

Das Investitionsprüfgesetz hat in der Schweizer Politik und Wirtschaft eine Debatte ausgelöst. Kritiker argumentieren, dass die Schweiz durch ihren bestehenden Regulierungsrahmen bereits über ausreichende Schutzmassnahmen verfügt. Sie weisen darauf hin, dass die Schlüsselinfrastruktur weitgehend staatlich kontrolliert ist, wodurch das Risiko feindlicher ausländischer Übernahmen minimiert wird.

Historische Daten deuten darauf hin, dass die Schweiz bisher keinen nennenswerten Bedrohungen durch ausländische staatlich unterstützte Übernahmen ausgesetzt war, da die Investitionen autokratischer Regime relativ gering waren. Kritiker glauben, dass die Gesetzgebung eher eine Reaktion auf hypothetische Risiken als auf tatsächliche Bedrohungen ist.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die möglichen negativen Auswirkungen auf das Geschäftsklima in der Schweiz. Kritiker argumentieren, dass eine verstärkte behördliche Kontrolle vorteilhafte ausländische Investitionen abschrecken und die Schweiz für internationale Unternehmen und Investoren weniger attraktiv machen könnte. Es gibt auch Befürchtungen, dass ausländische Länder Vergeltungsmassnahmen ergreifen könnten, die die Möglichkeiten schweizerischer Unternehmen, im Ausland zu investieren, einschränken könnten.

Wie sieht der Zeitplan für die Umsetzung aus?

Das Schweizer Parlament und der Senat prüfen den Gesetzesentwurf, der vor der endgültigen Verabschiedung noch weitere Änderungen erfahren wird. Die Umsetzung des Gesetzes wird voraussichtlich bis 2028 oder später erfolgen, je nach den Beratungen im Parlament, dem Feedback der Industrie und den regulatorischen Vorbereitungen des SECO.

Das Schweizer Investitionsprüfgesetz stellt eine bedeutende Änderung in der Politik des Landes in Bezug auf ausländische Direktinvestitionen dar, da es sektorspezifische Investitionsprüfungen einführt, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten. Obwohl das Gesetz darauf abzielt, die Schweiz an internationale bewährte Verfahren anzupassen, bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die Offenheit der Wirtschaft und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Im Zuge der weiteren Diskussionen über das Gesetz wird die endgültige Fassung des Gesetzes die Landschaft der ausländischen Investitionen in der Schweiz für die kommenden Jahre bestimmen.

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