Maltas Staatsbürgerschaft-durch-Investition-Programm – oft als „Golden Passport“-Programm bezeichnet – war seit Jahren Gegenstand rechtlicher und politischer Kontroversen innerhalb der Europäischen Union. Beworben als Mittel, vermögende Privatpersonen anzuziehen und staatliche Einnahmen zu steigern, hat das Programm nun einen entscheidenden Rückschlag erlitten: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte es für unvereinbar mit dem EU-Recht. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten rechtlichen, politischen und praktischen Folgen der Einstellung des Programms.
Was war Maltas Golden-Passport-Programm und wie funktionierte es?
Malta führte 2013 das Individual Investor Programme (IIP) ein, das später als Maltese Citizenship by Naturalisation for Exceptional Services by Direct Investment neu aufgelegt wurde. Das Programm bot ausländischen Staatsangehörigen die Möglichkeit, die maltesische – und damit auch EU – Staatsbürgerschaft gegen finanzielle Beiträge und Immobilienverpflichtungen zu erwerben.
Je nach Investitionshöhe konnten Antragsteller die Staatsbürgerschaft nach 12 oder 36 Monaten Aufenthalt erlangen.
Die finanziellen Anforderungen waren erheblich:
- 600.000 € Direktinvestition nach 36 Monaten oder 750.000 € nach 12 Monaten,
- zusätzlich eine Spende von 10.000 € an eine maltesische gemeinnützige Organisation,
- sowie der Kauf oder die Anmietung von Immobilien für mindestens fünf Jahre.
Das Programm versprach volle Bürgerrechte, einschliesslich des Rechts, in allen EU-Mitgliedstaaten zu leben und zu arbeiten, obwohl die Antragsteller oft keine echte Verbindung zu Malta hatten.
Warum erklärte der Europäische Gerichtshof das Programm für rechtswidrig?
Am 29. April 2025 entschied der EuGH, dass das maltesische Investor-Citizenship-Programm gegen die Grundsätze und Verpflichtungen des EU-Rechts verstösst. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Vergabe von Staatsbürgerschaften ausschliesslich aufgrund finanzieller Beiträge das Prinzip der loyalen Zusammenarbeit untergräbt und das Konzept der Unionsbürgerschaft als gemeinsamen Rechtsstatus verfälscht.
Das Urteil zog eine klare Linie zwischen Residenz-durch-Investition-Programmen – bei denen Antragsteller tatsächlich im Land leben – und Staatsbürgerschaftsprogrammen, die wie in Malta kaum Integration erforderten. Laut EuGH muss die Staatsbürgerschaft eine echte Verbindung zwischen Person und Mitgliedstaat widerspiegeln – Kapitaltransfers allein reichen nicht aus.
Wie reagierte Malta auf das Urteil und welche politischen Folgen hat es?
Die maltesische Regierung hat das Urteil anerkannt und angekündigt, die Konsequenzen zu prüfen. Auch wenn sie keine Schuld eingestanden hat, verpflichtete sie sich, das Staatsbürgerschaftsrecht zu überarbeiten. Gleichzeitig verteidigen Regierungsvertreter den Beitrag des Programms zur maltesischen Wirtschaft: Die Einnahmen sollen seit Einführung über 1,4 Milliarden € betragen haben.
Politisch erhöht das Urteil den Druck auf Malta – sowohl durch die Europäische Kommission, die bereits Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte, als auch durch andere Mitgliedstaaten, die das Programm seit langem als Vertrauensbruch ansehen. Die Entscheidung stärkt die EU-Position gegen die Kommerzialisierung von Staatsbürgerschaften und dürfte ähnliche Programme in anderen Ländern erheblich erschweren.
Was passiert mit bereits ausgestellten Pässen und welche Auswirkungen gibt es für andere Länder wie Zypern?
Personen, die bereits maltesische Staatsbürgerschaften über das Programm erworben haben, behalten ihre Nationalität vorerst. Der EuGH macht keine rückwirkende Aberkennung – ausser bei Betrug oder Falschangaben. Dennoch könnte es künftig verstärkte Überprüfungen durch maltesische Behörden geben, insbesondere bei Bewerbern aus Hochrisikostaaten oder politisch exponierten Personen (PEPs).
Auch auf EU-Ebene könnten strengere Due-Diligence-Prüfungen folgen – etwa im Hinblick auf Geldwäsche, Sanktionen und Sicherheit.
Für andere Länder, wie Zypern, hat das Urteil klare Signalwirkung: Zyperns eigenes Goldenes-Passprogramm wurde 2020 nach EU-Verfahren und Skandalen eingestellt. Der EuGH untermauert nun die rechtliche Begründung für die generelle Ablehnung solcher Programme in der EU. Eine Wiederaufnahme erscheint praktisch ausgeschlossen.
Welche Alternativen bleiben für vermögende Investoren in Malta und Europa?
Auch wenn die Staatsbürgerschaft durch Investition in Malta nun keine Option mehr ist, bestehen weiterhin Residenzprogramme. Besonders hervorzuheben ist das Malta Permanent Residence Programme (MPRP), das Nicht-EU-Bürgern eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung ermöglicht – im Gegenzug für Immobilieninvestitionen und Beiträge an staatliche Fonds.
Das MPRP verleiht zwar keine Staatsbürgerschaft, aber das Recht auf Aufenthalt in Malta und visa-freien Zugang zum Schengen-Raum. Antragsteller müssen einen vierstufigen Due-Diligence-Prozess durchlaufen und ihre Investition langfristig halten.
Auch andere europäische Länder bieten attraktive Residency-by-Investment-Programme:
- Italien, Portugal und Spanien (Immobilieninvestitionen, Jobschaffung oder Staatsanleihen),
- Andorra und Monaco (Wohnsitz mit steuerlichen Vorteilen, aber hohen Vermögensanforderungen),
- Schweiz (Wohnsitz über Pauschalbesteuerungsabkommen mit Kantonen, jedoch kein klassisches „Golden Visa“).
Diese Wege bieten keinen sofortigen EU-Pass, aber strategischen Zugang zum Schengen-Raum und häufig langfristige Einbürgerungsperspektiven.
Fazit
Das Ende des maltesischen Golden-Passport-Programms ist ein Wendepunkt in der EU-Politik zu Investitionsmigration. Der EuGH macht deutlich: EU-Bürgerschaft ist kein Handelsgut – nationale Einbürgerungen müssen den rechtlichen Grundsätzen der Union entsprechen.
Für Investoren bedeutet dies, dass Aufenthaltsprogramme in Europa – etwa in Italien, Portugal, Spanien, Andorra, Monaco oder der Schweiz – die realistische Alternative darstellen.
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