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Klauseln, mit denen Millionen gewonnen oder verloren werden: Anwaltlicher Leitfaden für VC-Verträge

Klauseln, mit denen Millionen gewonnen oder verloren werden: Anwaltlicher Leitfaden für VC-Verträge

Eine Investition in VC ist ein rechtliches Ökosystem. Sie wird nicht durch ein einzelnes Dokument definiert, sondern durch eine Reihe miteinander verbundener Vereinbarungen, die sich mit den Themen Eigentum, Unternehmensführung, Verwässerung, Ausstiegsbedingungen, Verantwortung der Gründer und Schutz des geistigen Eigentums befassen. Sowohl Gründer als auch Investoren handeln Klauseln aus, um ihre jeweiligen Interessen zu schützen. Für Gründer ist es von entscheidender Bedeutung, diese Klauseln zu verstehen – sonst riskieren sie, die Kontrolle, das Eigenkapital oder den Einfluss auf das Unternehmen, das sie aufgebaut haben, zu verlieren. Dieser juristische Einblick umfasst die volle Tiefe der Erklärungen und Beispiele der Klauseln:

I. Die wichtigsten VC-Vereinbarungen: Die juristische Blaupause hinter jeder VC-Investition

  • Aktienkaufvertrag (SPA) – bindet Investoren rechtlich an den Kauf von Aktien und legt Zusicherungen, Garantien und Bedingungen fest.
  • Aktionärsvereinbarung (SHA) / Vereinbarung über die Rechte der Anleger (IRA) – legt die Unternehmensführung, die Stimmabgabe, den Anlegerschutz und die Entscheidungsfindung fest.
  • Early-stage instruments – wie SAFEs und Wandelanleihen, die später in Eigenkapital umgewandelt werden.
  • Arbeits- und IP-Verträge für Gründer – Sicherstellung von IP-Übertragungen, Unverfallbarkeit, Wettbewerbsverbot und Vertraulichkeitsverpflichtungen.

In diesem Einblick heben wir auch die wichtigsten Klauseln in SPAs, SHAs und SAFEs hervor und helfen Gründern zu verstehen, welche Klauseln am wichtigsten sind und warum.

II. Das Innere des SPA: Wo das Geld den Besitzer wechselt

Die SPA definiert die Mechanismen der Investition. Er verwandelt ein Term Sheet in eine verbindliche Verpflichtung. Die wichtigsten SPA-Klauseln:

1. Zusicherungen und Garantien
Die Gründer geben den Anlegern bestimmte Zusicherungen über das Unternehmen: dass die Unternehmensstruktur solide ist, dass die Finanzabschlüsse korrekt sind, dass das Unternehmen Eigentümer des von ihm genutzten geistigen Eigentums ist, dass es keine unveröffentlichten rechtlichen Probleme gibt, dass es die einschlägigen Gesetze einhält und dass die Kapitalausstattung korrekt ist. Diese Zusicherungen und Garantien stammen von den Gründern, weil sie das Unternehmen am besten kennen, und die Anleger verlassen sich darauf, wenn sie eine Investition tätigen. Sollte sich eine dieser Erklärungen als unwahr erweisen, haben die Anleger möglicherweise Anspruch auf Schadenersatz. Diese Klauseln fördern die Transparenz und schützen beide Seiten.

2. Aufschiebende Bedingungen (CPs)
Ein VC-Geschäft wird erst dann verbindlich, wenn bestimmte aufschiebende Bedingungen (CPs) erfüllt sind. Dabei handelt es sich um praktische Schritte, die das Unternehmen durchführen muss, bevor die Investition abgeschlossen werden kann. Dazu gehören in der Regel die formelle Abtretung des geistigen Eigentums aller Gründer an das Unternehmen, die Aktualisierung oder Erweiterung des Aktienoptionsplans für die Mitarbeiter, die Vorlage einer genauen und aktuellen Cap-Tabelle, die Verabschiedung der erforderlichen Vorstandsbeschlüsse und der Abschluss aller erforderlichen behördlichen Anmeldungen. CPs stellen sicher, dass das Unternehmen rechtlich und operativ in Ordnung ist, bevor Investoren ihr Kapital bereitstellen.

3. Abschlussmechanismen
Diese Klauseln legen fest, wie und wann eine Transaktion abgeschlossen wird – z.B. wann neue Aktien ausgegeben werden, wann die Investitionsgelder übertragen werden müssen und ob alles gleichzeitig oder in Etappen geschieht. Bei einem gestaffelten Abschluss könnten die Anleger beispielsweise verpflichtet sein, die Mittel in zwei Raten zu überweisen, wobei das Unternehmen nach jeder Zahlung Aktien ausgibt. Dies sorgt für Klarheit und Koordination während des Investitionsprozesses.

4. Haftungsfreistellungen und Haftungsobergrenzen
Gründer können persönlich haften, wenn sich eine der von ihnen gegebenen Garantien als falsch erweist. Diese Haftung wird jedoch in der Regel durch Obergrenzen (ein Höchstbetrag, der von ihnen verlangt werden kann), Körbe (Mindestbeträge, bevor Ansprüche geltend gemacht werden können) und Fristen begrenzt. Diese Schutzmaßnahmen tragen dazu bei, das Risiko gerecht zwischen Gründern und Investoren zu verteilen.

5. Beschleunigungsklauseln
Einige Gründer möchten, dass ihre nicht gevesteten Aktien automatisch unverfallbar werden, wenn das Unternehmen verkauft wird („single-trigger“ Beschleunigung). Die Investoren lehnen dies in der Regel ab, da es die Gründer ermutigen könnte, das Unternehmen direkt nach dem Verkauf zu verlassen. Der Standardkompromiss ist die Double-Trigger-Acceleration, bei der die Übertragung nur dann beschleunigt wird, wenn zwei Dinge passieren: das Unternehmen wird verkauft und der Gründer wird innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem Verkauf entlassen oder erheblich degradiert. Dies schützt die Gründer davor, ihre Anteile auf unfaire Weise zu verlieren, und gibt den Anlegern gleichzeitig das Vertrauen, dass das Team nach der Übernahme weiterarbeiten wird.

6. Liquidationspräferenzen
Diese Klausel legt fest, wie die Exit-Erlöse aufgeteilt werden und ist oft die wichtigste wirtschaftliche Klausel in einem VC-Deal. Eine Standard-Liquidationspräferenz von 1× bedeutet, dass der Investor den von ihm investierten Betrag zurückerhält, bevor die Gründer oder Mitarbeiter etwas erhalten. Wenn ein VC beispielsweise 20 Mio. $ investiert hat und das Unternehmen für 30 Mio. $ verkauft wird, erhält der VC zunächst 20 Mio. $ und die restlichen 10 Mio. $ gehen an die Gründer und das Team. Wenn das Unternehmen für weniger als den investierten Betrag verkauft wird, erhält der VC den gesamten Erlös. Einige Varianten sind weniger gründerfreundlich, wie z.B. 2× Vorzugsaktien oder partizipierende Vorzugsaktien, bei denen die Investoren sowohl ihre Investition zurückerhalten als auch an den verbleibenden Erlösen beteiligt werden.

7. Beschränkungen nach dem Ausstieg: Wettbewerbsverbot, Abwerbeverbot, Vertraulichkeit
Käufer verlangen in der Regel von den Gründern, dass sie sich nach dem Verkauf zu bestimmten Einschränkungen verpflichten, z.B. dass sie 6-24 Monate lang nicht mit dem Unternehmen konkurrieren, keine Mitarbeiter oder Kunden abwerben und weiterhin Vertraulichkeit wahren. Diese Klauseln helfen, die neue Investition des Käufers zu schützen, indem sie sicherstellen, dass die Gründer nicht sofort ein konkurrierendes Unternehmen gründen oder wichtige Mitarbeiter mitnehmen. Die Beschränkungen müssen in Bezug auf die Dauer, den geografischen Bereich und die Branche angemessen sein.

 

III: Die wahre Macht der Aktionärsvereinbarung: Governance, Kontrolle und Anlegerschutz

Der SHA regelt die langfristige Beziehung zwischen Investoren und Gründern. Er schreibt vor, wie das Unternehmen geführt wird und was die Investoren mit ihrem Veto beeinflussen können. Wichtige SHA-Klauseln:

1. Informationsrechte
Investoren benötigen häufig Zugang zu wichtigen Unternehmensinformationen, wie z.B. Quartals- oder Jahresabschlüsse, KPIs, Budgets und aktuelle Informationen über größere Risiken oder Rechtsstreitigkeiten. Diese Rechte ermöglichen es den Anlegern, die Leistung und die Unternehmensführung des Unternehmens zu überwachen, ohne sich in das Tagesgeschäft einzumischen.

2. Vorbehaltene Angelegenheiten
Dies sind Maßnahmen, die das Unternehmen nicht ohne die Zustimmung der Anleger ergreifen kann. Dazu gehören in der Regel die Ausgabe neuer Aktien, die Aufnahme größerer Schulden, die Änderung des Geschäftsmodells, der Verkauf wichtiger Vermögenswerte oder die Ernennung leitender Angestellter. Vorbehaltene Angelegenheiten geben den Anlegern die Kontrolle über Entscheidungen, die sich erheblich auf ihre Investition auswirken könnten.

3. Vorkaufsrechte (Right of First Refusal)
Bestehende Investoren können neue Aktien vor Außenstehenden erwerben, um eine Verwässerung zu vermeiden.

4. Drag-Along-Rechte (Mehrheitsschutz)
Wenn die Mehrheit einem Verkauf zustimmt, können Minderheitsaktionäre gezwungen werden, zu den gleichen Bedingungen zu verkaufen. Mit dieser Klausel soll verhindert werden, dass Minderheitsaktionäre den Ausstieg blockieren.

5. Tag-Along-Rechte (Minderheitenschutz)
Wenn ein Mehrheitsinvestor seine Anteile verkauft, können Minderheitsaktionäre „mitziehen“ und ihre Anteile zu den gleichen Bedingungen verkaufen. Diese Klausel verhindert, dass die Gründer/Arbeitnehmer mit einem unerwünschten neuen Großaktionär konfrontiert werden.

 

IV. Der Raketentreibstoff für die Frühphase: SAFEs, Notes und die Klauseln, die sie ausmachen

Vor einer Kapitalrunde nehmen Startups oft Geld über SAFEs oder Wandelanleihen auf. Ein SAFE ist kein Fremdkapital – es wird bei der nächsten Finanzierungsrunde einfach in Aktien umgewandelt, in der Regel mit investorenfreundlichen Bedingungen wie einer Bewertungsobergrenze, einem Abschlag auf den künftigen Aktienkurs oder einer Meistbegünstigungsklausel, die es dem Investor ermöglicht, günstigere Bedingungen für spätere SAFE-Inhaber zu übernehmen. Wandelanleihen funktionieren ähnlich, beginnen jedoch als Schulden: Sie haben ein Fälligkeitsdatum, akkumulieren Zinsen und werden in Abhängigkeit von zukünftigen Finanzierungsereignissen in Eigenkapital umgewandelt – oder zurückgezahlt -. Diese Instrumente sind flexibel und lassen sich schnell abschließen, aber sie können einen Bewertungsdruck und eine unerwartete Verwässerung verursachen, wenn sie schließlich umgewandelt werden.

V. Der Gründerverpflichtungsrahmen: Was jeder Arbeitsvertrag eines Gründers schützen muss

Der Arbeitsvertrag für Gründer fasst die wichtigsten Bedingungen zusammen, die die Rolle des Gründers definieren und das Startup schützen. In diesen Verträgen werden die Pflichten, die Befugnisse und die zeitliche Bindung des Gründers sowie das Gehalt und die Leistungen festgelegt. Sie enthalten auch eine Sperrfrist, die sicherstellt, dass die Aktien im Laufe der Zeit erworben werden, und legen fest, was passiert, wenn der Gründer das Unternehmen verlässt oder gekündigt wird. Um das Unternehmen zu schützen, enthalten sie in der Regel Wettbewerbsverbote, Abwerbeverbote und Geheimhaltungsverpflichtungen. Schließlich bestimmen Good Leaver/Bad Leaver-Regeln, wie die Aktien des Gründers beim Ausscheiden behandelt werden. Zusammen tragen diese Klauseln dazu bei, Anreize zu schaffen und sowohl die Gründer als auch das Unternehmen zu schützen.

VI: Der wesentliche Schutz des geistigen Eigentums, den sich jedes Startup sichern muss
Die IP-Vereinbarungen stellen sicher, dass das gesamte geistige Eigentum dem Unternehmen gehört und frei genutzt werden kann, wenn das Unternehmen wächst. Diese Vereinbarungen übertragen das gesamte von den Gründern geschaffene geistige Eigentum an das Unternehmen, einschließlich aller relevanten Arbeiten, die vor der Gründung entwickelt wurden. Sie können einen Verzicht auf moralische Rechte enthalten, um zukünftige Einschränkungen zu vermeiden. Sie verpflichten die Gründer außerdem, neues geistiges Eigentum, das während ihrer Tätigkeit entstanden ist, offenzulegen und abzutreten, Geschäftsgeheimnisse und geschützte Informationen streng vertraulich zu behandeln und alle Materialien zurückzugeben, wenn sie das Unternehmen verlassen. Schließlich wird geklärt, welche Erfindungen dem Gründer persönlich gehören, wie z.B. Arbeiten, die außerhalb der Unternehmenszeit entstanden sind.

Wenn Sie das richtige Anwaltsteam an Ihrer Seite haben wollen, wenn es darauf ankommt, nehmen Sie Kontakt auf.

Haftungsausschluss: Diese Veröffentlichung enthält nur allgemeine Informationen und stellt keine Rechtsberatung dar. Die rechtliche Beurteilung hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Für eine Rechtsberatung in Ihrer speziellen Situation wenden Sie sich bitte direkt an uns.

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