Lindemann Law

Rechtsschutz nach dem AIA-Gesetz am Beispiel von Trusts – Effektivität des Rechtsschutzes?

Der vorliegende Beitrag untersucht den Rechtsschutz nach dem am 1. Juli 2017 in Kraft tretenden schweizerischen AIA-Gesetz. Aufgrund der hohen Praxisrelevanz geschieht dies anhand internationaler Trustgestaltungen. Dabei analysieren die Autoren die Auswirkung ausgewählter relevanter Rechtsprechung zur Rechts- und Amtshilfe (IRSG und StAhiG) sowie zum Datenschutzrecht (DSG). Dies geschieht vor dem Hintergrund praktischer Erfahrungen aus dem Zivil- sowie Verwaltungsprozessrecht. Abgerundet wird der Beitrag durch Haftungs- und strafrechtliche Überlegungen.

1. Einleitung
Der Wunsch nach dem gläsernen Steuerbürger wird wahr. Für die schweizerischen Finanzinstitute wird der automatische Informationsaustausch («AIA») in wenigen Monaten zur Realität: Das nationale AIA-Umsetzungsgesetz (AIAG) sowie die dazugehörige Verordnung (AIAV) werden am 1. Januar 2017 in Kraft treten. Zuweilen wurde die Wegleitung der ESTV, die die Pflichten der Finanzinstitute konkretisieren soll, entworfen. Somit beginnt für die schweizerischen Finanzinstitute per 1. Januar 2017 die Due-Diligence Phase, sie müssen ihre bestehenden und Neukonten auf die Ansässigkeit von deren Kontoinhaber überprüfen sowie bestimmte Informationen über ihre im Ausland ansässigen Kontoinhaber sammeln und aufbereiten. Diese werden erstmals von der Schweiz bis zum 30. September 2018 an ihre AIA-Partnerstaaten gemeldet.
Vom AIA umfasst werden auch Rechtsgebilde wie Trusts. An einen Definitionsversuch des Trusts wagen wir uns an dieser Stelle nicht heran. Sicher ist lediglich, dass es «den Trust» nicht gibt.3 Trusts existieren in den verschiedensten Ausprägungsformen, was ihre Qualifikation im Rahmen des AIA nicht minder erschwert. Während der AIA eine vergleichsweise neuere Entwicklung ist, ist der Trust seit mittlerweile zehn Jahren eine bekannte Erscheinung in der schweizerischen Banken- und Vermögensverwaltungslandschaft. Dies ist nicht zuletzt den tiefen Markteintrittsbarrieren, den attraktiven steuerlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz sowie der Ratifikation des Haager Übereinkommens im Jahr 2007 zu verdanken. Bereits im Januar 2008 verwalteten Schweizer Banken schätzungsweise Vermögenswerte von über zwei Milliarden Schweizer Franken, die potentiell für Vermögensverwaltungstrusts in Frage kommen. Mittlerweile ist davon auszugehen, dass auf Grund zunehmender fiskalisch-motivierter Offensiven ein Vielfaches davon verwaltet wird. Trusts bzw. an diesen beteiligte Parteien werden daher nicht unerheblich durch den AIA betroffen sein.
Diesem gläsernen Steuerbürger bzw. dem gläsernen Rechtsgebilde steht ein Rechtsschutzinteresse der betroffenen Personen entgegen. Die Ausgestaltung des Rechtsweges ist mangels supranationaler Regelung im Common Reporting Standard eine nationale Angelegenheit und wird den einzelnen Staaten zur Regelung überlassen. Die Grenze ist wohl eine übermässige Beeinträchtigung oder Verzögerung des AIA. Bei der Ausgestaltung des Rechtsschutzes ist aus rechtstaatlicher Sicht ein gewisses Mass an Effizienz erforderlich. Dies bedeutet, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten so gestaltet werden sollen, dass ein verfassungsgesetzlicher Rechtsschutz ermöglicht wird. Dabei findet gewissermassen eine Abwägung zwischen dem Rechtsschutzbedürfnis der betroffenen Personen nach Datenschutz und Privatsphäre, volkswirtschaftlichen Interessen und dem internationalen fiskalischen Interesse an der Transparenz und damit verbunden an der Bekämpfung der Steuerflucht statt. Der eingeschlagene Rechtsschutzweg sowie dessen Effektivität hängen nicht zuletzt davon ab, welches dieser Interessen vom Gesetzgeber höher gewichtet wird. Bei Rechtsgebilden wie Trusts kommt dem Rechtsschutz eine erhöhte Bedeutung zu. Im Falle des Trusts ist der Kreis der betroffenen, zu meldenden Personen stets grösser als bei einem «gewöhnlichen» Finanzkonto. Dieser Kreis erweitert sich zudem je nach AIA-Qualifikation des Trusts. Daher stellt sich notwendigerweise die Frage, ob und wie betroffene Personen rechtlich intervenieren können.

2. Behandlung von Trusts im AIA
Die Frage der AIA-Qualifikation des Trusts ist keineswegs rein formeller Natur, sondern bestimmt wer über wen was zu melden hat. Der Kreis der zu meldenden Personen sowie der Inhalt der Meldung sind vom Ergebnis dieser Qualifikation abhängig. Vorfrageweise ist das anwendbare Recht für die Qualifikation des Trusts zu klären. Gemäss dem CRS-Kommentar ist die Qualifikation nach dem Recht im Ansässigkeitsstaat des Trustee vorzunehmen, sofern der Trust nicht bereits durch eine Steuerpflicht in einem anderen Staat meldepflichtig wurde. Dies bedeutet, dass das Truststatut bei der Qualifikation des Trusts grundsätzlich keine Rolle spielt. Aus der Schweizer Perspektive sind das Abkommensrecht (MCAA sowie der CRS) und das nationale Umsetzungsgesetz (AIAG) sowie die dazugehörige Verordnung (AIAV) für die Qualifikation des Trusts massgebend.
Der CRS unterscheidet in Rechtsträger und natürliche Personen, wobei jeder Rechtsträger entweder ein Finanzinstitut oder eine aktive oder passive Non-Financial-Entity (NFE) ist. Der Begriff des Rechtsträgers umfasst auch Rechtsgebilde wie Trusts. Je nach Art der Tätigkeit, der Verwaltung sowie der Zusammensetzung der Einkünfte können Trusts als Finanzinstitute oder als aktive oder passive NFE qualifizieren.

2.1. Trusts als Finanzinstitute
Der Trust wird dann als ein Finanzinstitut qualifizieren, wenn er einer der vier Arten von Finanzinstituten im CRS zuzuordnen ist. Dabei ist zu beachten, dass Änderungen der OECD-Kommentare zum Musterabkommen und zum CRS für die meldenden schweizerischen Finanzinstitute erst bindend sind, wenn sie per Bundesgesetz, Verordnung oder ESTV-Weisung in schweizerisches Recht übernommen wurden. Der CRS differenziert bei den Arten von Finanzinstituten in Verwahrinstitute, Einlageninstitute, spezifizierte Versicherungsgesellschaften und Investmentunternehmen. Bei den Investmentunternehmen existieren die zwei Unterkategorien des verwaltenden und des professionell verwalteten Investmentunternehmens.
Im Regelfall wird die Qualifikation des Trusts als ein Finanzinstitut auf der Grundlage der Definition des professionell verwalteten Investmentunternehmens («PVIU») erfolgen.16 Ein Rechtsträger ist dann ein PVIU, wenn seine Bruttoeinkünfte vorwiegend aus der (Wieder-) Anlage oder dem Handel von Finanzvermögen stammen (Gross-Income Test) sowie wenn er von einem anderen Finanzinstitut verwaltet wird (Managed-By Test).17 Unter Finanzvermögen sind u.a. Wertpapiere, Swaps, Warentermingeschäfte, nicht jedoch direkte Immobilienbeteiligungen oder Währungsbestände zu verstehen.18 Diese beiden Tests sind keineswegs eigenständige Erfindungen des CRS, sondern nahezu identische Kopien bestehender US-FATCA-Regeln. Gerade bei Trusts bereiten diese Tests Schwierigkeiten. Trusts sind keine starren Rechtsgebilde; sie existieren mittlerweile in den unterschiedlichsten Ausprägungsformen, was ihre Einordnung in zwei Tests erschwert.
Trusts werden dann den Gross-Income Test erfüllen, wenn ihr Einkommen beispielsweise vorwiegend (d.h. zu mind. 50%) aus Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren besteht.19 Der Test wird klarerweise dann nicht erfüllt sein, wenn das Einkommen primär aus realen Vermögenswerten wie Immobilien oder Kunstsammlungen stammt.20 Die Komplexität des Gross-Income Tests besteht unter anderem darin, dass das Einkommen des Trusts je nach dessen Investitionsfreudigkeit und Transaktionsfrequenz jederzeit variieren kann. Sofern die vorgenommenen Investitionen ein Einkommen generieren oder generieren könnten, könnte die Erfüllung des Gross-Income Tests und damit die Qualifikation des Trusts als ein Finanzinstitut bereits in Frage stehen. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Trustee die Zusammensetzung der Einkünfte des Trusts, insbesondere bei Vornahme von allfälligen, einkommensgenerierenden Investitionen, stets im Auge zu behalten hat.
Der Managed-By Test setzt voraus, dass ein anderes Finanzinstitut die Tätigkeiten eines verwaltenden Investmentunternehmens zu Gunsten des Trusts erbringt. Der ManagedBy Test wirft bei Trusts eine ganze Reihe von Fragezeichen auf, denn die Verwaltung des Trusts und/oder dessen Vermögens erfolgt meist durch ein Zusammenwirken mehrerer unterschiedlicher Akteure. Der Trust wird im Regelfall dann den Test erfüllen, wenn er entweder durch einen Corporate Trustee (meist eine Trustgesellschaft in der Form eines Verwahrinstituts oder eines verwaltenden Investmentunternehmens) verwaltet wird oder die Verwaltung des Trusts oder dessen Vermögens vom Trustee an ein anderes Finanzinstitut delegiert wird. Nichtsdestotrotz sind pauschale Aussagen über die Erfüllung des Managed-By Tests auf Grund der Diversität des Trusts kaum möglich; in der Praxis wird stets eine Einzelfallbetrachtung notwendig sein. Dabei bestehen offene Fragen im Hinblick auf die auszuübenden Tätigkeiten und deren Umfang sowie auf das dabei vorausgesetzte Ermessen.
Wurde der Trust als ein Finanzinstitut qualifiziert, besteht eine Meldepflicht nur, sofern der Trust in einem teilnehmenden Staat ansässig ist. Die Ansässigkeit des Trusts richtet sich nach der Ansässigkeit von dessen Trustee.
Eine interessante Norm in diesem Zusammenhang bietet Art. 17 AIAG. Sie beruht auf Abschnitt VIII Randziffer 4 des Kommentars zum CRS, welche ein Finanzinstitut in dem Staat ansässig macht, in dem es steuerpflichtig ist. Diese Regelung gilt auch für Trusts, die als meldende Finanzinstitute gelten. Trusts sind nur selten selbst steuerpflichtig, da vielfach für die Besteuerung auf dahinterstehende Personen abgestellt wird. Dies ist der Grund, weshalb ein Trust in dem oder den Staaten als ansässig gilt, in dem oder denen mindestens einer seiner Trustees ansässig ist. Sofern ein Trust allerdings in einem anderen Staat steuerpflichtig ist, wird er dadurch nach dessen Recht zum meldenden Finanzinstitut in diesem Staat. Das kann dazu führen, dass ein schweizerischer Trustee eines solchen Trusts eine Meldung an die Steuerbehörden dieses Staates vornehmen muss. Grundsätzlich ist dabei der Trustee jene Person im Gefüge des Trusts, die über die nötigen Informationen verfügt. Wird ein Trust in einem anderen Staat steuerpflichtig, beispielsweise weil der Settlor dort ansässig ist, verfügt dieser nicht (mehr) über die nötigen Informationen, um die AIA-Meldung an die Steuerbehörden vorzunehmen. Daher ermächtigt Art. 17 AIAG den schweizerischen Trustee, die Meldung für den Trust vorzunehmen, ohne dass dies als verbotene Handlung für einen fremden Staat nach Art. 271 StGB gilt.
Bei einer Klassifikation des Trusts als ein Finanzinstitut wird die kontoführende Bank von ihrer Meldepflicht entlastet. Der Trust bzw. der Trustee hat die Kontoinhaber zu identifizieren und diese an deren Ansässigkeitsstaaten, sofern es sich dabei um Staaten mit AIA-Abkommen handelt, zu rapportieren. Als Kontoinhaber gelten dabei mindestens der Settlor, die Begünstigten sowie sonstige natürliche Personen mit tatsächlicher Kontrolle. Bis zum Zeitpunkt der effektiven Ausschüttung gelten diskretionär Begünstigte zwecks reiner Anwartschaft allerdings nicht als Kontoinhaber und sind somit nicht zu melden.
Die Kategorien von nicht meldenden Finanzinstituten bei FATCA wie Sponsored Investment Entities oder Sponsored and Closely Held Investment Vehicles wurden nicht in den CRS übernommen.31 Hingegen wurde der Trustee-Documented Trust von FATCA in den CRS bzw. ins AIAG übernommen.32 Dies bedeutet, dass der Trust als ein nicht meldendes Finanzinstitut gilt, soweit der Trustee ein meldendes Finanzinstitut ist und sämtliche nach dem anwendbaren Abkommen zu meldenden Informationen zu sämtlichen meldepflichtigen Konten des Trusts meldet.

2.2. Trusts als passive NFE
Als passive NFE gelten Rechtsträger, die nicht als aktive NFE qualifizieren sowie PVIU, die nicht in teilnehmenden Staaten ansässig sind.35 Die Definition der passiven NFE stammt nahezu identisch aus der FATCA-Terminologie. Die Literatur sowie der Gesetzgeber gehen davon aus, dass Trusts auf Grund der Erzielung von passivem Einkommen mehrheitlich als passive NFE qualifizieren werden.36 Im Falle einer passiven NFE unterliegt diese selbst sowie deren beherrschende Personen der Meldung durch die kontoführende Bank.37 Der Trustee wird durch das kontoführende Finanzinstitut aufgefordert werden, die beherrschenden Personen zu identifizieren und an das kontoführende Finanzinstitut zu melden. Gemäss dem OECD-Kommentar zum CRS gelten als beherrschende Personen per se38 der Settlor, der Trustee selbst, die Beneficiaries, der Protektor sowie alle natürlichen Personen, die den Trust tatsächlich beherrschen.39 Kritisch ist anzufügen, dass der CRS sich mit dieser Aufzählung von beherrschenden Personen über die wirtschaftliche Realität hinwegsetzt, gerade bspw. Protektoren haben in der Praxis selten eine beherrschende Funktion. Diskretionär Begünstigte sind als beherrschende Personen zu melden, sofern sie identifizierbar sind. Der Art. 9 Abs. 2 AIAG lässt den kontoführenden Banken jedoch die Möglichkeit, den Kreis der begünstigten Personen bei Trusts als passive NFE gleich zu bestimmen wie bei Trusts als Finanzinstitute. Konkret bedeutet dies, dass Banken sich entscheiden können, diskretionär Begünstigte erst im Jahr der Ausschüttung zu melden. Dies allerdings nur, sofern sie angemessene organisatorische Massnahmen zur Feststellung der Ausschüttungen an die Begünstigten etablieren können. An dieser Stelle sollte eine sehr kritische Bemerkung erlaubt sein. Mit dieser Norm wird gesetzlich erlaubt, einen private Interesse verfolgenden Akteur (eine Bank) über den Zeitpunkt der Meldung entscheiden zu lassen. Diskretionär Begünstigte werden somit je nach Bank entweder jährlich oder erst bei der Ausschüttung gemeldet und so geradewegs dem Entscheid der Bank ausgeliefert.
Der bewusst weitgefasste Kreis von beherrschenden Personen bei passiven NFE zeigt, dass für eine möglichst umfangreiche Transparenz der Schutz der Privatsphäre von Personen ohne jegliche steuerlichen Anknüpfungspunkte (beispielsweise Protektoren oder Trustees) vollumfänglich geopfert wird. In dieser Hinsicht geht es beim AIA wohl nicht um eine Verhinderung der Steuerhinterziehung, sondern um eine Meldung um der Meldung willen. In der Praxis wird daher die Klassifikation des Trusts im Hinblick auf die zu meldenden Personen entscheidend sein und ist mit grösstmöglicher Sorgfalt und Präzision vorzunehmen.

3. Rechtsschutz in den verschiedenen Phasen des AIA
3.1. Einführung des Praxis-Beispiels
Der JD Trust (discretionary und irrevocable), errichtet von John Doe (Settlor) mit Wohnsitz in Deutschland, hält ein Konto bei einer Bank in der Schweiz.43 Als Trustee amtiert die Trust AG, eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft. Begünstigt durch den Trust ist Mrs. Janet Doe, die eine Arbeitsstelle in Grossbritannien hat, aber gleichzeitig in der Schweiz gemeldet ist (Ferienwohnung und Familie in der Schweiz). Sie hat bis anhin keine Ausschüttungen erhalten. Der Trust hat auch einen Anwalt mit Wohnsitz in Liechtenstein als Protektor. In Bezug auf den Rechtsschutz stellen sich nun zahlreiche Fragen:

  • Die Bank qualifiziert den JD Trust, ohne eine Selbstauskunft einzuholen, als eine passive NFE, womit die Bank die beherrschenden Personen zu ermitteln sowie im Falle einer Ansässigkeit in einem meldepflichtigen Staat zu melden hat. Die Trust AG als Trustee bestreitet die Qualifikation des Trusts als eine passive NFE; die Bank hat den Managed-by Test falsch angewandt.
  • Der Settlor möchte die Meldung verhindern, denn im Falle eines irrevocable Trusts hat er sich unwiderruflich des Trustvermögens entreichert. Bei einer allfälligen Meldung des gesamten Trustvermögens an seinen Ansässigkeitsstaat fürchtet er, dort einer Steuerpflicht für das Trustvermögen zu unterliegen.
  • Die Begünstigte will die Meldung ebenfalls aus zwei Gründen verhindern. Zunächst hat die Bank fälschlicherweise Grossbritannien als ihren Ansässigkeitsstaat in den Unterlagen vermerkt. Weiter ist sie diskretionär begünstigt und hat noch keine Ausschüttungen erhalten.

3.2. Rechtsschutz in der Due-Diligence Phase
In der Due-Diligence Phase (1. Januar 2017–31. Dezember 2017) hat die Bank bestehende und neue Konten auf die Ansässigkeit deren Kontoinhaber sowie auf deren AIAQualifikation (Finanzinstitut oder aktive oder passive NFE) zu überprüfen.45 Bei bestehenden Konten kann die kontoführende Bank die Qualifikation bzw. die Ermittlung der Ansässigkeit anhand vorhandener Unterlagen und/oder dem angelegten GeldwäschereiFile vornehmen.46 Es ist jedoch zu erwarten, dass die Bank insbesondere für die Vornahme der AIA-Qualifikation des Trusts nicht alle notwendigen Unterlagen besitzen wird. Sie wird daher regelmässig weitere Dokumente wie beispielsweise Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre vom Trustee nachfordern müssen. Es ist daher anzuraten, die entsprechenden Unterlagen bereits vorzubereiten. Alternativ kann die Bank auch eine Selbstauskunft vom Trustee einholen. Bei Neukonten ist hingegen stets eine Selbstauskunft einzuholen, da wohl noch keine Unterlagen über den Rechtsträger existieren. Die beiden Schweizer Grossbanken haben bereits Formulare zur Selbstauskunft bzw. Einstufungsleitfaden für Rechtsträger veröffentlicht. Dies bedeutet konkret, dass der Trustee durch das Setzen des Kreuzes an der entsprechenden Stelle die AIA-Qualifikation für den Trust vornimmt. Beim Setzen des Kreuzes gibt es in dem Sinne keine Wahlfreiheit, die angekreuzte Qualifikation muss tatsächlich den wahren Umständen entsprechen.
Grundsätzlich ist die Due Diligence ein rein bankinterner Prozess; der Rechtsträger wird allenfalls durch das Einreichen der Unterlagen oder durch die Abgabe einer Selbstauskunft involviert. Ein Interventionsbedürfnis besteht jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt. Gerade bei Trusts kann die Qualifikation als ein Finanzinstitut oder als eine aktive oder passive NFE im Einzelfall komplex, unklar oder sogar umstritten sein (aber auch die Ansässigkeit kann strittig sein). Das Ergebnis der Qualifikation bestimmt letztlich den Umfang der Meldung sowie den Kreis der zu meldenden Personen. Bei den betroffenen Personen kann eine unrichtige Klassifikation Unmut auslösen, insbesondere wohl dann, wenn sie im Falle der korrekten Qualifikation nicht gemeldet worden wären. Im Falle des oberen Praxis-Beispiels würde eine unrichtige Einordnung des Trusts als eine passive NFE zur Folge haben, dass zusätzlich zum Settlor und den Beneficiaries stets auch beispielsweise der Trustee sowie der Protektor gemeldet werden müssten.
Der frühestmögliche Beizug eines Rechtsexperten zur Abklärung der AIA-Qualifikation scheint daher nicht nur unumgänglich, sondern insb. für den Trustee im Rahmen seiner Sorgfaltspflichten sowie als Absicherung gegen Rechtsrisiken sogar geboten. Die vom Rechtsberater abgegebene Legal Opinion bietet in dieser Phase Rechtsschutz und Rechtssicherheit für die betroffenen Personen. Zunächst kann damit die von der Bank (ohne das Einholen einer Selbstauskunft) vorgenommene, allenfalls unzutreffende, Klassifikation widerlegt werden. Weiter hat der Trustee bei der Abgabe einer allfälligen Selbstauskunft die Klassifikation auch tatsächlich korrekt vorzunehmen bzw. mit der Legal Opinion besteht der Nachweis einer plausiblen und korrekten Klassifikation des Trusts.

3.3. Rechtsschutz nach Information des Kunden über Meldepflicht bis 31. Januar 2018
Vorausgesetzt dass die Bank die betroffenen Personen einzeln über die beabsichtigte Einstufung des Trusts informiert, können die Betroffenen in der Due-Diligence Phase mittels einer Legal Opinion zur AIA-Qualifikation des Trusts Rechtssicherheit schaffen bzw. die allenfalls unzutreffende AIA-Qualifikation widerlegen. Spätestens per 31. Januar 2018 wird der gesetzlich vorgesehene Rechtsschutzweg nach Art. 19 AIAG i.V.m. mit dem DSG für die Betroffenen eröffnet, denn bis zu diesem Zeitpunkt hat das kontoführende Finanzinstitut alle meldepflichtigen Personen nach Art. 14 Abs. 1 AIAG erstmalig zu informieren. Bei den betroffenen Personen besteht spätestens dann Klarheit darüber, welche Informationen über sie an welche Staaten automatisch übermittelt werden.51 Dieses Wissen ist für einen optimalen, effizienten Rechtsschutz erforderlich, da andernfalls unter Umständen nur eine Schadenersatzforderung verbleibt. Unseres Erachtens sollten allfällige Änderungen der bei der Bank vorhandenen Daten eine Information der betroffenen Personen auslösen.
Die Informationen müssen vom kontoführenden Finanzinstitut oder vom Trustee (im Falle einer Qualifikation des Trusts als ein Finanzinstitut) bereits fünf Monate später an die ESTV übermittelt werden.53 Den betroffenen Personen steht demnach ein beschränktes Zeitfenster (fünf Monate) zu Verfügung, womit sie just nach dem Erhalt der betreffenden Informationen rechtliche Schritte in Betracht ziehen sowie allenfalls sofortig einleiten müssen. Zunächst sei von der «einfacheren» Konstellation der unrichtigen Daten auszugehen, beispielsweise hat die Bank den Namen oder die Anschrift des Trusts nicht korrekt erfasst. Fortzufahren sei mit dem komplexeren Fall der strittigen Meldepflicht, wobei wie im oben genannten Praxis-Beispiel, die Bank und der Trustee zu einer unterschiedlichen AIA-Qualifikation des Trusts gelangen.

3.3.1. Unrichtige Daten
Die Unrichtigkeit von Daten kann gemäss Art. 19 Abs. 1 AIAG nur gegenüber dem Finanzinstitut geltend gemacht werden. Dabei verweist Art. 19 Abs. 1 AIAG auf die Rechte nach dem DSG. Inwiefern der Schutz des Datenschutzgesetzes auch Rechtsgebilden wie Trusts zusteht, ist aber ungeklärt.54 Zudem ist vor dem Hintergrund der anstehenden DSG-Revision fraglich, ob zukünftig juristische Personen als Datensubjekte überhaupt Schutz geniessen werden. Dies würde die Effektivität des Rechtsschutzes im Rahmen des AIA nicht minder gewichtig in Frage stellen, verweist doch Art. 19 Abs. 1 AIAG auf das DSG.
Unrichtige Daten sind gemäss Art. 5 Abs. 2 DSG berichtigungsfähig. Die Richtigkeit der Daten ist ein relativer Begriff, der vom Bearbeitungszweck und dem Bearbeitungsumfeld abhängig ist. Personendaten sind grundsätzlich dann richtig, wenn sie die Umstände und Tatsachen, bezogen auf die betroffene Person, sachgerecht wiedergeben. Somit ist mehr verlangt als nur, dass keine Falschaussagen in den Daten enthalten sind, die Daten müssen je nach Sachzusammenhang auch aktuell und vollständig sein.58 Beim AIA sind unterschiedliche Kategorien von unrichtigen Daten denkbar. Die erste Kategorie umfasst grundfalsche Daten wie beispielsweise Schreibfehler beim Namen, der Anschrift, der Kontonummer oder beim Kontostand.59 Die zweite Kategorie umfasst die unrichtige Qualifikation einer Person als beherrschende Person, wie dies im Falle von passiven NFE vorkommen kann. Vorstellbar ist auch, dass die einzelnen Daten an sich richtig sind, jedoch die Wirklichkeit verzerrt oder unvollständig wiedergegeben wird.
Art. 5 DSG umfasst in seinem Abs. 1 eine Vergewisserungs- und Berichtigungspflicht des Datenbearbeiters selbst. Das kontoführende Finanzinstitut hat sich unseres Erachtens in der Due-Diligence Phase über die Aktualität und die Richtigkeit der erfassten Daten zu vergewissern. Bei Trusts als passive NFE hat die Bank die beherrschenden Personen gestützt auf die bei ihr vorhandenen Unterlagen zu identifizieren.61 Daher kommt der Richtigkeit der Unterlagen und somit letztlich der Qualität der Meldung durch das Finanzinstitut eine entscheidende Bedeutung zu. Allfällige Unsicherheiten sollen stets zu einer Abklärung bei der betroffenen Person führen. Bei offensichtlich falschen Daten steht der betroffenen Person gemäss Art. 5 Abs. 2 DSG ein Berichtigungsanspruch zu. Im Rahmen des Trusts ist dabei an eine falsche Anschrift oder einen falschen Namen zu denken, nicht jedoch wohl an eine Ermittlung des Ansässigkeitsstaates in strittigen Konstellationen. Dieser Berichtigungsanspruch sollte ausnahmslos und uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Es soll nicht massgeblich sein, ob der Fehler zu einer Persönlichkeitsverletzung der betroffenen Person geführt hat. Dies ist gerade beim AIA massgeblich, da es unklar ist, ob die unter AIA ausgetauschten, unrichtigen Daten zu einer Persönlichkeitsverletzung führen würden oder nicht. Es ist für eine Person jedoch u.U. nachteilig, wenn sie mit dem Gesamtwert des Trustvermögens anstatt mit dem Wert «0» an ihren Ansässigkeitsstaat gemeldet wird.
Dabei obliegt es der betroffenen Person, die Richtigkeit der beantragten Änderung zu beweisen oder immerhin substantiiert zu behaupten. Somit müsste der Trustee im Einzelfall nachweisen, dass die in den Bankunterlagen enthaltene Anschrift des Trusts unrichtig sei. Akzeptiert das kontoführende Finanzinstitut die von den betroffenen Personen vorgebrachte Änderung bzw. gelingt der Beweis, ist die Berichtigung innert angemessener Frist vorzunehmen. Hierbei ist analog zum Auskunftsrecht an eine 30-tägige Frist zu denken.66 In diesem Fall wird das Intervenieren innert des beschränkten Zeitfensters von fünf Monaten wohl möglich sein. Andernfalls muss die betroffene Person ihren Anspruch gerichtlich durchsetzen.67 Gegen private Datenbearbeiter, als welche Banken regelmässig zu qualifizieren sind, verweist Art. 15 Abs. 1 DSG auf den Zivilrechtsweg. Unseres Erachtens sollte die Bank jedoch stets mit den Betroffenen eine einvernehmliche Lösung suchen bzw. den vorgebrachten Nachweis der Richtigkeit akzeptieren.

3.3.2. Zivilrechtsweg bei strittiger Meldepflicht
Komplexer wird es, wenn über die Meldepflicht an sich oder über deren Inhalt gestritten wird. Die Meldepflicht ist dann strittig, wenn die Bank, wie im Praxis-Beispiel oben erwähnt, den Trust ohne eine Selbstauskunft als eine passive NFE einstuft, die als Trustee amtierende Trustgesellschaft diese Qualifikation aber bestreitet. In diesem Fall ist demnach strittig, wer die Meldung mit welchem Inhalt zu erstatten hat. Selbst bei einer Einigkeit über die Qualifikation des Trusts, kann dennoch der Inhalt der Meldung zwischen den Parteien umstritten sein. Zu denken sei an eine unzutreffende Ermittlung des Ansässigkeitsstaates (Grossbritannien anstatt Schweiz), die Meldung eines diskretionär Begünstigten oder die Meldung des Settlors mit dem vollen Wert des Trustvermögens.
Die betroffenen Personen werden regelmässig eine Unterlassung der Datenbekanntgabe an die ESTV anstreben. Dabei ist gemäss Art. 19 Abs. 1 AIAG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 DSG eine Unterlassungsklage auf dem Zivilrechtsweg einzureichen. Bei der Unterlassungsklage gemäss Art. 15 Abs. 1 DSG wird vorausgesetzt, dass der betroffenen Person eine Verletzung ihrer Persönlichkeit ernsthaft und aktuell droht sowie dass die zu untersagende Datenbearbeitung widerrechtlich ist bzw. ohne Rechtfertigungsgrund erfolgt. Die Geltendmachung eines datenschutzrechtlichen Anspruchs ist ein höchstpersönliches Recht, womit nur die in ihrer Persönlichkeit widerrechtlich verletzte Person aktivlegitimiert ist.69 Beim Trust ist daher davon auszugehen, dass jede der betroffenen Personen (Begünstigte, Settlor sowie allenfalls weitere Personen) einzeln eine Klage einzureichen haben. Das Zivilgericht wäre im Einzelfall mit mehreren Klagen konfrontiert. Hierbei ist wieder auf das beschränkte Zeitfenster von fünf Monaten zurückzukommen. Das Durchlaufen eines Zivilprozesses im ordentlichen Verfahren innert fünf Monaten ist nahezu unmöglich, womit der Rechtsschutzweg auf diese Art verschlossen bleibt.
Die betroffene Person kann auch vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 261 ZPO im summarischen Verfahren gemäss Art. 248 lit. d ZPO geltend machen.71 Mit einer vorsorglichen Massnahme soll der bestehende Zustand bis zur Urteilsfällung aufrechterhalten werden. Die betroffene Person würde auch hier eine Unterlassung der Datenbekanntgabe an die ESTV erwirken wollen. Die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme setzt einen materiellen Anspruch der betroffenen Person, dessen Gefährdung oder Verletzung, einen daraus resultierenden drohenden, nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteil sowie die zeitliche Dringlichkeit voraus.
Am einfachsten wird die zeitliche Dringlichkeit zu argumentieren sein. Das Zuwarten bis zum richterlichen Endurteil kann der betroffenen Person nicht zugemutet werden, da zwecks der knappen Fristen bei der Informationsweiterleitung die Daten zum Zeitpunkt des Urteils längst im Ansässigkeitsstaat der Person sind. Das Bestehen eines materiellen Anspruchs wird dann fraglich sein, wenn die in Frage stehende Datenbearbeitung gemäss Art. 4 Abs. 3 DSG gesetzlich vorgesehen ist. Dies bedeutet, dass im Falle einer gesetzlich vorgesehenen Datenbearbeitung die Informationsweiterleitung durch die Bank an die ESTV durchaus erlaubt ist.73 Hier bestehen bereits die ersten Stolpersteine für das Beantragen einer vorsorglichen Massnahme. Nimmt man einen Anspruch der betroffenen Person an, so ist er dann gefährdet oder verletzt, wenn die Bank durch ihr Verhalten den Anspruch verletzt oder zu verletzen droht. Durch die (drohende) Weiterleitung der Daten an die ESTV könnte eine solche (drohende) Verletzung angenommen werden, insbesondere da die betroffene Person gegenüber der ESTV nur beschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten hat.
Schwieriger wird es möglicherweise, einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil für die betroffene Person nachzuweisen. Livschitz befürchtet aufgrund der Rechtsprechung des EGMR zur Schutzwürdigkeit von Bankkontendaten ein Hindernis. Er bezieht sich dabei auf den im Jahr 2015 ergangenen Entscheid G.S.B. vs. Schweiz. In diesem hielt der EGMR fest, dass Bankdaten rein finanztechnische Informationen seien, also weder intime Informationen noch solche, die an die Persönlichkeit des Beschwerdeführers knüpften. Damit statuiere der EGMR letztlich, dass die Bankdaten nicht allzu stark schutzwürdig seien sowie dass das Geheimhaltungsinteresse des Kontoinhabers nicht stärker wiege als das öffentliche Interesse. Dieser Befürchtung ist nicht zu folgen, denn sie verkennt die völlig unterschiedlich gelagerte Fallkonstellation. Im Fall G.S.B vs. Schweiz ging es um die nationalen Interessen der Schweiz, welche aufgrund massiven Drucks seitens der Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Spiel standen, wobei die Richtigkeit bzw. steuerrechtliche Qualifikation der zu liefernden Daten nicht in Frage stand. Vorliegend dagegen geht es keineswegs um nationale Interessen. An der Auslieferung unrichtiger bzw. steuerlich falsch qualifizierter Daten kann ein Partnerstaat kein legitimes Interesse haben. Jedoch hat der Steuerpflichtige ein legitimes Interesse an der Richtigkeit der über ihn übermittelten Daten. Zudem können aus im Bankkonto reflektierten Informationen zu den Vermögensverhältnissen einer Person durchaus leicht personenbezogene, intime Daten abgeleitet werden. Zu denken sei an Unterhaltszahlungen und somit das Vorhandensein eines unterhaltsberechtigten Kindes. Auf Grund von erfolgenden Zahlungen eines Betrages, der zu bestimmten Jahrestagen steigt, kann auf die Unterhaltspflicht geschlossen werden. Auch angesichts der momentanen Prioritäten auf der internationalen Agenda teilen wir daher nicht die Auffassung, dass Zivilgerichte bei Unrichtigkeit von AIA-Daten die Argumentation des EGMR zum UBS-Sachverhalt übernehmen dürfen.
Der nicht wiedergutzumachende Nachteil bei der Übermittlung von unrichtigen Daten wäre unseres Erachtens nach zu bejahen. Schliesslich ist ein Nachteil insbesondere dann nicht wiedergutzumachen, wenn er später nicht mehr ermittelt, bemessen oder ersetzt werden kann.80 Jede falsche Meldung bewirkt grundsätzlich einen Nachteil für die betroffene Person. Dies erst recht, wenn der Partnerstaat basierend auf der Datenübermittlung einen Steuerentscheid fällt oder sogar eine Strafverfolgung einleitet. In solchen Fällen wird eine Person mit kosten- und zeitintensiven Nachforschungen oder sogar gerichtlichen Verfahren und allenfalls mit einem Reputationsschaden konfrontiert sein. Zu denken sei an den Settlor oder diskretionär Begünstigte, die infolge umstrittener Meldung mit dem vollen Wert des Trustvermögens urplötzlich zu Millionären werden. Ebenso fatal ist eine Meldung an den falschen bzw. nicht mehr aktuellen Ansässigkeitsstaat. Dieser mag sich verleitet sehen, die Ansässigkeit der betreffenden Person nochmalig abzuklären bzw. allenfalls ein Steuerverfahren einzuleiten. Auch vor dem Hintergrund der eingeschränkten Interventionsmöglichkeiten gegenüber der ESTV gemäss Art. 19 Abs. 2 AIAG wäre ein nicht wiedergutzumachender Nachteil anzunehmen. Gelangen die Daten zur ESTV, so steht der betroffenen Person ein sehr eingeschränkter Rechtsschutz zu Verfügung. Eine Unterlassung der Datenbekanntgabe an den Partnerstaat kann in diesem Stadium gänzlich nicht mehr erwirkt werden.81 Auch eine Datenberichtigung ist nur bei fehlerhafter Datenübermittlung in einem beschränkten Masse möglich. Den betroffenen Personen werden in diesem Stadium somit faktisch die Hände gebunden, was die Annahme eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils im Vorstadium rechtfertigt.
Aus unserer Sicht ist der betroffenen Person der Zugang zu vorsorglichen Massnahmen zu gewähren, soweit sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil glaubhaft machen kann. Daran ist keine allzu hohe Hürde zu stellen. Verwehrt man der betroffenen Person den Zugang zu vorsorglichen Massnahmen, ist die Effektivität des Rechtsschutzes, wenn nicht überhaupt der Rechtsschutz an sich, gänzlich in Frage gestellt. Dies hat auch der liechtensteinische Gesetzgeber wohl so gesehen. Gemäss Art. 12 Abs. 4 des liechtensteinischen AIA-Gesetzes darf das meldende Finanzinstitut im Falle einer Klage und einstweiligen Verfügung erst nach Rechtskraft des Urteils über die Richtigkeit der auszutauschenden Informationen jene Informationen an die nationale Steuerverwaltung übermitteln.
Zuletzt sei nochmalig die Legal Opinion aus der Due-Diligence Phase aufzugreifen. Die Verknüpfung des AIAG mit dem DSG ist in dem Sinne ungewöhnlich, als dass das DSG im Falle von privaten Datenbearbeitern (was die Bank ist) den Rechtsweg bei einem Zivilgericht vorsieht. Steuerrechtliche Fragen sind jedoch im Regelfall dem kantonalen Steueramt und dem Steuerrekursgericht (Spezialverwaltungsgericht) als erste gerichtliche sowie dem Verwaltungsgericht als zweite gerichtliche Instanz zugewiesen.83 Dass ein Zivilgericht sich mit Fragen der Ansässigkeit, den anderweitigen Voraussetzungen der Steuerpflicht oder den Meldemodalitäten im Rahmen des AIA befasst, ist ungewöhnlich und gewissermassen fachfremd.84 Ungewöhnlich ist es, weil das Steuerrecht ein Teilbereich des öffentlichen Rechts ist und daher regelmässig ein Verwaltungsrechtsweg vorgesehen wird bzw. vorzusehen ist. Es ist wohl auch unumstritten, dass das Steuerrecht eine sehr komplexe Materie sein kann, die spezifisches Fachwissen erfordert. Aus diesem Grund wurden Spezialverwaltungsgerichte geschaffen, welche die benötigten Fachqualifikationen für die Beurteilung dieser Materie mitbringen. Somit ist die Beurteilung durch ein Zivilgericht in jeder Hinsicht fachfremd; schliesslich werden beispielsweise Forderungsklagen auch nicht Verwaltungsgerichten zur Beurteilung zugewiesen. Rechtsgutachten sind bekanntlich als Beweismittel gemäss Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO nicht zugelassen, da Gegenstand von einzureichenden Gutachten nur Tat-, nicht jedoch Rechtsfragen sein können. Für die betroffenen Personen wird eine fundierte Expertise mit der erwähnten Legal Opinion umso relevanter, als dieser angesichts fehlender Erfahrung an den Zivilgerichten erhöhte Bedeutung zukommen sollte.

3.4. Rechtsschutz nach Übermittlung von Daten an die ESTV
Gegenüber der ESTV steht der betroffenen Person der Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 2 AIAG zu und gemäss diesem ausschliesslich das Auskunftsrecht, eine eingeschränkte Berichtigung unrichtiger Daten sowie der Erlass einer Feststellungsverfügung im besonderen Rahmen. Damit steht bei Weitem nicht das gesamte Instrumentarium des DSG zur Verfügung. Ausgeschlossen werden die für die betroffenen Personen relevanten Rechte auf Sperre der Datenbearbeitung und das Verbot der Datenbekanntgabe an Dritte.

3.4.1. Auskunftsrecht und Berichtigung unrichtiger Daten
Gemäss Art. 19 Abs. 2 AIAG kann die betroffene Person gegenüber der ESTV ein Auskunftsrecht geltend machen. Damit ist das Auskunftsrecht nach Art. 8 DSG gemeint. Dieses kann grundsätzlich nicht nur gegenüber der ESTV, sondern auch gegenüber der Bank als Datenbearbeiterin geltend gemacht werden. Die (allenfalls) betroffene Person kann grundsätzlich erfragen, ob über sie Daten bearbeitet werden. Später hat sie auf Ersuchen einen gesetzlichen Anspruch auf eine Kopie der Meldung an die ESTV. Im oben erwähnten Praxis-Beispiel könnte dies bei diskretionär Begünstigten der Fall sein, welche nach Qualifikation des Trusts jährlich oder erst bei einer Ausschüttung gemeldet werden müssen. Dasselbe gilt für den Protektor, der ebenfalls je nach Qualifikation des Trusts gemeldet oder nicht gemeldet wird. Weiter können die gesammelten und an die ESTV übermittelten Daten sowie deren Herkunft erfragt werden. Um auf das Praxis-Beispiel zurückzukommen, könnte sich der Settlor über den errechneten Gesamtkontostand und einer Zuweisung eines entsprechenden Wertanteils an ihn erkundigen. Zuletzt können die Personen sich nach dem Zweck und den Rechtsgrundlagen der Bearbeitung erkundigen. Das Auskunftsrecht kann ggf. gerichtlich gemäss Art. 15 Abs. 4 DSG im vereinfachten Verfahren nach der ZPO durchgesetzt werden.
Problematisch beim Auskunftsrecht ist die in Art. 1 Abs. 4 Satz 1 VDSG angelegte Frist von 30 Tagen zur Erteilung der Auskunft. Diese kann zudem einseitig durch den Inhaber der Datensammlung erstreckt werden, sofern er den Gesuchsteller darüber benachrichtigt und ihm die Frist zur Auskunftserteilung mitteilt.90 Diese Frist verkürzt das der betroffenen Person zur Verfügung stehende kurze Zeitfenster. Macht die betroffene Person erst in diesem Stadium ihr Auskunftsrecht geltend, verbleiben ihr drei Monate Zeit, bevor die ESTV die Daten an den Partnerstaat übermittelt. Von diesen drei Monaten geht ein Drittel oder schlimmstenfalls mehr für das Abwarten der Auskunftserteilung ab. Der betroffenen Person ist daher möglichst frühzeitig, d.h. bereits in der Due-Diligence Phase zu empfehlen, ein Auskunftsbegehren zu stellen und dieses ggf. jährlich zu wiederholen. Für die Überprüfung allfälliger Übermittlungsfehler kann die Person jedoch erst zum/nach dem Zeitpunkt der Übermittlung der Daten an die ESTV (d.h. erstmalig am 30. Juni 2018) ein Auskunftsbegehren stellen. Sollte die ESTV beim Erteilen des Begehrens die 30-tägige Frist ausschöpfen, verbleiben der Person max. 60 Tage für die Überprüfung der Daten auf allfällige Übermittlungsfehler und damit einhergehend für die Berichtigung von Übermittlungsfehlern. Dies ist zwar zumutbar, jedoch werden die betroffenen Personen für die Geltendmachung ihrer Ansprüche regelmässig die Fristen des AIAG gut im Überblick behalten müssen.
Die im Rahmen des Auskunftsrechts verschaffte Kenntnis über die bearbeiteten Daten ist die Voraussetzung für die Wahrnehmung der weiteren Rechte nach dem DSG.91 Dazu gehört das Recht auf die Berichtigung unrichtiger Daten gemäss Art. 15 DSG. Gegenüber der ESTV kann die betroffene Person in diesem Stadium gemäss Art. 19 Abs. 2 AIAG unrichtige Daten nur berichtigen, wenn diese auf Übermittlungsfehlern beruhen. Dies bedeutet, dass die Fehlerhaftigkeit der Daten, beispielsweise auf Grund von Tippfehlern, Zuordnung zu anderen Personen oder Kommastellen-Fehler auf dem Weg vom Finanzinstitut zur ESTV entstanden ist. Um dies feststellen zu können, muss ein Vergleich zwischen der nach Art. 14 Abs. 4 AIAG erlangten Kopie der Meldung an die ESTV und den per Auskunft von der ESTV erlangten Datensatz durchgeführt werden. De facto heisst das, dass eine Person im Falle von grundfalschen Daten (nicht auf einem Übermittlungsfehler basierend) die Unrichtigkeit beim Finanzinstitut zu beanstanden hat, diese grundfalschen Daten jedoch u.U. nichtsdestotrotz an ihren Ansässigkeitsstaat übermittelt werden, sofern das Finanzinstitut nicht rechtzeitig berichtigte Daten an die ESTV liefert. Dass eine Berichtigungsmeldung der Bank an die ESTV auch vor Übermittlung an den Partnerstaat möglich sein muss, ergibt sich u.E. aus der Ratio des Art. 19 Abs. 3 AIAG. Bei der Berichtigung unrichtiger Daten geht es nicht darum, die Weiterleitung der Daten zu verhindern, sondern die Weiterleitung richtiger Daten zu erreichen. Jede Meldung, die unrichtig und somit qualitativ ungenügend ist, kann nicht im Interesse der am AIA-beteiligten Staaten sein. Allenfalls wird mit dem Erhalt unrichtiger Daten ein Steuerverfahren eingeleitet, das sich mit dem nachträglichen Erhalt richtiger Daten als unnütz erweist. Unseres Erachtens sollte daher ein Berichtigungsanspruch unrichtiger Daten gegenüber der ESTV innerhalb des knappen Zeitfensters von drei Monaten gegeben sein, sofern die Bank berichtigte Daten an die ESTV meldet. Schliesslich besteht der Berichtigungsanspruch nach Art. 5 Abs. 2 DSG unabhängig von der Schwere oder der möglichen Auswirkungen des Fehlers; demnach muss er erst recht zu Verfügung stehen, wenn durchaus erhebliche Auswirkungen des Fehlers für die betroffene Person zu befürchten sind. D.h. schützt eine Norm bestimmte Interessen einer Person, soll es der Person möglich sein, diese Interessen auch durchsetzen zu können.
Andernfalls wäre der Rechtschutz bezüglich unrichtiger Daten in diesem Stadium nach Übermittlung an die ESTV wenig nützlich. Der Berichtigungsanspruch gegenüber der ESTV ist für die betroffene Person ein schwacher Trost, denn die Unrichtigkeit der Daten wird i.d.R. nicht auf Grund eines Übermittlungsfehlers anzutreffen sein. Darüber hinaus ist die Stellung der ESTV als ein reines Vollzugsorgan, das sich mithilfe des beschränkten Rechtsschutzes der Verantwortung für den Umgang mit den Daten entzieht, bereits grundsätzlich in Frage zu stellen.

3.4.2. Unzulässigkeit der Datenübermittlung – Erwirken einer Feststellungsverfügung
Bei der Übermittlung der Daten an den Partnerstaat handelt es sich um eine Vollzugshandlung und somit um einen Realakt der ESTV. Vor dem Hintergrund der Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV sieht Art. 19 Abs. 2 AIAG bei Nachteilen, die der Person auf Grund fehlender rechtsstaatlicher Garantien nicht zugemutet werden können, die Möglichkeit Ansprüche nach Art. 25a VwVG zu erheben. Gemäss Art. 25a VwVG kann die betroffene Person über den stattgefundenen Realakt eine Verfügung der zuständigen Behörde erwirken. Sie kann die Unterlassung, die Einstellung und den Widerruf widerrechtlicher Handlungen, die Beseitigung der Folgen widerrechtlicher Handlungen und die Feststellung der Widerrechtlichkeit von der zuständigen Behörde verlangen.94 Die erlassene Verfügung eröffnet den Beschwerdeweg an das Bundesverwaltungsgericht.95 In der Praxis werden eine Unterlassung, eine Einstellung oder ein Widerruf der Datenübermittlung kaum möglich sein. Die Beseitigung der Folgen eines widerrechtlich erfolgten Informationsaustausches ist wohl beschränkt auf eine nachträgliche Übermittlung von richtigen Daten. Eine finanzielle Kompensation ist hierbei nicht möglich, diese wäre nach den Regeln des Staatshaftungsrechts einzufordern.96 Daher wird der Person regelmässig die Feststellung der Widerrechtlichkeit der erfolgten Datenübermittlung verbleiben.
Verlangt wird, dass die Handlung die Rechte und Pflichten der Person berührt sowie dass ein schutzwürdiges Interesse vorliegt.97 Die Betroffenheit von Rechten und Pflichten bedeutet das Bestehen einer Rechtsposition, die sich aus den Grundrechten oder aus einem anderen Rechtstitel ergibt. Beim schutzwürdigen Interesse wird vorausgesetzt, dass mit dem gestellten Begehren ein praktischer Nutzen verfolgt wird sowie dass das Rechtsschutzinteresse aktuell ist.99 Dies wird in den allermeisten Fällen nicht schwer zu argumentieren sein. Der Art. 19 Abs. 2 AIAG führt hierzu aus, dass die betroffene Person vor der ESTV darzutun hat, dass die Datenübermittlung bei ihr einen Nachteil auf Grund fehlender rechtstaatlicher Garantien bewirkt hat.100 Es ist nicht ganz klar, was der Gesetzgeber unter fehlenden rechtsstaatlichen Garantien versteht. Unseres Erachtens sollten keine AIA-Abkommen mit Staaten geschlossen werden, deren Recht und/oder die Rechtspraxis rechtsstaatlich bedenklich sind.101 Dabei ist auf Art. 38 AIAG hinzuweisen, wonach der Bundesrat die in den möglichen Partnerstaaten anwendbaren Datenschutzbestimmungen sowie die Regularisierungsmöglichkeiten zu analysieren hat, bevor er der Bundesversammlung die Einführung des AIA mit diesen Staaten unterbreitet. Gemäss Art. 6 AIAG kann zudem bei entsprechender Abkommensermächtigung die ESTV Datenschutzbestimmungen bilateral mit der empfangenden ausländischen Behörde abschliessen, welche aber dem Schutzniveau des DSG entsprechen müssen. Auch in Analogie zu den Bestimmungen bei der Rechtshilfe sind beim AIA keine Abkommen mit Staaten zu schliessen, wenn bei der Durchführung des AIA Verstösse gegen die Mindestrechte gemäss der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) zu befürchten sind.
In der CRS-Terminologie ist mit den rechtstaatlichen Garantien wohl der Ordre public gemeint. Der Ordre public umfasst diejenigen Prinzipien und Institute, die fundamental für die Gesellschaft erscheinen und damit rechtlich anerkannt sind.104 Aus der Schweizer Perspektive wird der Ordre public bei der Rechtshilfe in Art. 2 IRSG beschrieben. Dieser gilt allerdings nicht für juristische Personen.105 Somit ist bei juristischen Personen fraglich, ob sie Nachteile i.S.v. fehlenden rechtstaatlichen Garantien erleiden können. Unseres Erachtens ist dies aber im vorliegenden Kontext auch für juristische Personen unabhängig von der Qualifikation durch das IRSG zu bejahen. Dasselbe gilt für Rechtsgebilde wie Trusts. Bei Trusts müssen wohl die betroffenen Personen individuell eine Verfügung erwirken und demnach das Berührtsein in Rechten und Pflichten sowie das schutzwürdige Interesse individuell dartun. Die Verletzung des Ordre public wird im Rahmen der Rechts- und Amtshilfe nur in belegbaren Fällen angerufen werden können. Dies weil für die Annahme der Verletzung des Ordre public nur gravierende Verletzungen genügen und weil die Person die Beweislast für eine drohende Verletzung trägt. Fraglich ist, wie konkret der Nachweis einer drohenden Verletzung im Rahmen von Art. 19 Abs. 2 AIAG sein muss. Bei der Rechtshilfe muss die betroffene Person die Befürchtung einer konkreten und ernsthaften Verletzung der Menschenrechte im ersuchenden Staat im Einzelfall dartun.108 Dies auch bei Ländern, bei denen es offenkundig zu Verletzungen von Verfahrensrechten kommt und umso mehr bei Ländern, die die EMRK und den UNO Pakt II ratifiziert haben.
Schafft die betroffene Person diesen Nachweis zu erbringen, kann eine solche drohende Verletzung durch eine Rechtsgarantie des entsprechenden Staates entkräftet werden. In diesem Zusammenhang ist das in der Rechtsprechung zur Rechtshilfe verankerte Dreikreismodell zu erwähnen.110 Bei Staaten des ersten Kreises handelt es sich um Europaratsstaaten, denen die Amts- und Rechtshilfe grundsätzlich ohne die Abgabe einer Zusicherung gewährt wird (bspw. Türkei und Grossbritannien). Die Abgabe einer diplomatischen Garantie wird regelmässig bei Europaratsstaaten sowie anderen Staaten mit einer unsicheren Menschenrechtslage (bspw: Russland und Kolumbien) verlangt. Bei Staaten des dritten Kreises wird einer allfällig eingeholten Zusicherung kein Glauben geschenkt und demzufolge sollte diesen Staaten gegenüber auch keine Amts- und Rechtshilfe gewährt werden (bspw. Iran). Die Schweiz schliesst zunehmend Rechts- und Amtshilfeverträge mit Staaten ab, bei denen die Einhaltung von rechtstaatlichen Garantien fraglich scheint.111 Eine Anwendung der für die Rechtshilfe entwickelten Grundsätze des Dreikreismodells im Allgemeinen wie die Abgabe diplomatischer Garantien im Besonderen macht u.E. bei einem Massensachverhalt wie dem des AIA keinen Sinn. Denn anders als bei der Rechtshilfe, wo es um die gezielte Hilfe bei der Verfolgung von Kriminellen geht, kann der AIA lediglich der (wesentlich weniger dringlichen und weniger hoch zu gewichtenden) allgemeinen Plausibilisierung der Steuererklärung dienen. Einem plausiblen und nachvollziehbaren Vortrag hinsichtlich fehlender rechtsstaatlicher Garantien hinsichtlich potentiell automatisch übermittelter detaillierter Vermögensdaten sollte daher u.E. die Steuerverwaltung wie auch das Bundesverwaltungsgericht in jedem Fall Folge leisten.
In der Praxis wird deshalb regelmässig bei einer ernsthaft drohenden Verletzung von elementaren Verfahrensgarantien sowohl im Rahmen der Amts- als auch der Rechtshilfe eine Zusicherung des ersuchenden Staates eingeholt. Für das Bundesgericht und den EGMR ist diese diplomatische Zusicherung mittlerweile das in der Rechtspraxis wichtigste Instrument. Dabei hat die Zusicherung durchaus spezifisch und umfassend zu erfolgen und darf nicht lediglich pauschale Zusicherungen enthalten. Allerdings ist bezüglich der Verlässlichkeit solcher Zusicherungen Vorsicht angebracht, zumal die Einhaltung in der Regel kaum kontrolliert werden kann. Problematisch ist die Zusicherung insbesondere auch dann, wenn der entsprechende Staat zwar die EMRK oder den IPBPR ratifiziert hat, angesichts der realen Lage aber die konkrete Gefahr besteht, dass die entsprechenden Rechte missachtet werde. Dazu sei der Entscheid des Bundesgerichts zur Auslieferung eines Wirtschaftsdeliquenten an Russland zu nennen. In diesem Entscheid stellte das Bundesgericht fest, dass die Menschenrechtslage in Russland zwar zu wünschen lasse, dennoch genügt eine einzuholende Zusicherung der Einhaltung von Menschenrechten von den russischen Behörden. Diese Praxis des Bundesgerichts ist höchst fragwürdig und gewissermassen realitätsfremd. Vor dem Hintergrund dieser Praxis ist an den Bundesrat erst recht zu appellieren, beim Abschluss von AIA-Abkommen mit problematischen Staaten Zurückhaltung walten zu lassen.
Die Effektivität des Rechtsschutzes bzw. das Vorhandensein des Rechtsschutzes ist hier zu verneinen, denn selbst im Falle eines erlittenen Nachteils auf Grund fehlender rechtsstaatlicher Garantien, wird der Nachweis kaum zu erbringen sein. Die betroffene Person wird bei «kritischen» Ländern auf Grund von eingeholten/einzuholenden Zusicherungen nur erschwert dartun können, dass ihr ein Nachteil aus fehlenden rechtsstaatlichen Garantien droht. Gerade bei Ländern wie Russland sowie ehemaligen Sowjet-Republiken ist gemäss unserer Erfahrung die Einhaltung von verfahrensrechtlichen Garantien bei politisch exponierten bzw. vermögenden Personen nicht immer gegeben. Das Darlegen eines erlittenen Nachteils wird für westeuropäische Länder nahezu unmöglich sein. Bei diesen besteht gemäss dem Bundesgericht eine bewährte Rechtstaatskultur und EMRK-Verletzungen sind nicht zu befürchten. In unserem Praxis Beispiel wurden beispielsweise Daten an Grossbritannien als den inkorrekt ermittelten Ansässigkeitsstaat übermittelt, anstatt die Meldung auf Grund der Ansässigkeit in der Schweiz zu unterlassen. Die Person wird bei einem allenfalls daraufhin eingeleiteten Steuerverfahren in Grossbritannien kaum einen Nachteil auf Grund des Fehlens von rechtstaatlichen Garantien dartun können. In diesem Sinne wird sie die Unzulässigkeit der Datenübermittlung gemäss Art. 19 Abs. 2 AIAG i.V.m. Art. 25a VwVG nicht feststellen können. Sie wird jedoch mit kosten- und zeitintensiven Nachforschungen und einem Gerichtsverfahren als Folge einer unzulässigen Datenübermittlung konfrontiert sein. Diese Folgen kann sie jedoch nicht gemäss Art. 25a VwVG beseitigen lassen, da sie die Nachteile nicht auf Grund fehlender rechtstaatlicher Garantien erlitten hat.
Zusammenfassend ist der Rechtsschutz in Art. 19 Abs. 2 AIAG somit auf Nachteile beschränkt, die durch einen Informationsaustausch mit Staaten eintreten, mit denen von vornherein kein AIA-Abkommen geschlossen werden sollte. Auf Grund des Dreikreismodells der Bundesgerichtspraxis ist der Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 2 AIAG kaum durchzusetzen. Zudem besteht bei Nachteilen, die nicht auf Grund von fehlenden rechtsstaatlichen Garantien entstehen, gar kein öffentlicher Rechtsschutz gemäss Art 19 Abs. 2 AIAG. Einzige Ausnahme dazu bilden die Übermittlungsfehler.
Faire und effektive Interventionsmöglichkeiten für betroffene Personen sind nicht zuletzt für den schweizerischen Finanzplatz und dessen Renommee bedeutend. Sofern die Schweiz mit Ländern des zweiten Kreises AIA-Abkommen abschliesst, sollte unseres Erachtens auch im Rahmen des Ordre Public ein grosszügiger Rechtsschutz für betroffene Personen gewährt werden.

3.4.3. Unzulässigkeit der Datenübermittlung – Amtshaftung
Die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs nach Art. 3 Abs. 1 VG ist alternativ zum Rechtsschutz nach Art. 25a VwVG möglich.123 Die Datenübermittlung wird durch einen Beamten im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit ausgeübt. Bei einem unzulässigen Informationsaustausch könnte unter Umständen auch die Widerrechtlichkeit bejaht werden. Problematischer wird es, den dadurch entstandenen Schaden zu ermitteln und zu substantiieren. Dieser könnte in den Verteidigungs- und Prozesskosten bestehen. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Gerichte beim Bejahen eines Amtshaftungsanspruchs Zurückhaltung üben werden.

3.5. Rechtsschutz bei erfolgter Datenübermittlung an Partnerstaat
Sofern die bereits übermittelten Informationen durch einen rechtskräftigen Entscheid berichtigt wurden, so sind die korrigierten Daten von der ESTV an die zuständigen Behörden gemäss Art. 19 Abs. 3 AIAG weiterzuleiten. Eine nachträgliche Berichtigung ist zwar besser als keine, jedoch ggf. für die Personen im Einzelfall nicht mehr unbedingt nützlich. Diese erfolgt nach längerer Zeit, d.h. nach einer bereits erfolgten Übermittlung an den Partnerstaat und allenfalls sogar nach einem bereits im Partnerstaat eingeleiteten Nachsteuerverfahren, Steuerstrafverfahren oder einer allfälligen Anfrage auf dem Amtshilfeweg. In gewissen Ländern, wie dies bspw. in Brasilien der Fall ist, wird in der Praxis unabhängig von einem Steuerstrafverfahren auch ein Strafverfahren in Gang gesetzt. Selbst bei einer erfolgreichen Selbstanzeige einer Person läuft dieses Strafverfahren weiter. Dies hat für eine Person weitreichende Folgen. Ob zudem eine Person in ihrem Staat das Recht auf die Löschung der Daten durchsetzen kann, ist fraglich. Sie wird sich daher im entsprechenden Ansässigkeitsstaat mit den dort vorhandenen Rechtsmitteln gegen den im Anschluss der Übermittlung erlassenen Bescheid wehren müssen.

4. Konsequenzen für Schweizer Steuerpflichtige
Die ESTV leitet Informationen, die ihr andere Staaten automatisch übermittelt haben, zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts den kantonalen Steuerbehörden weiter. Erhält eine kantonale Steuerverwaltung beispielsweise im Rahmen des AIA Kenntnis von einem bislang nicht deklarierten Bankkonto eines Steuerpflichtigen, wird diese das in der laufenden Veranlagung des Einkommens und Vermögens des Steuerpflichtigen berücksichtigen oder gegebenenfalls ein Nachsteuerverfahren einleiten. Die ESTV weist dabei auf die Einschränkung der Verwendung der übermittelten Informationen sowie auf die Geheimhaltungspflichten hin. Die korrigierte Berechnungsgrundlage darf die kantonale Steuerverwaltung im Rahmen der gesetzlichen Auskunftspflichten an andere Amtsstellen weiterleiten, solange sie die Information selbst (d.h. Kontonummer, Kontosaldo, Erträge auf dem Konto usw.) nicht weitergibt.
In diesem Zusammenhang ist auf drei Aspekte hinzuweisen: Erstens wird hinsichtlich nachträglicher Regularisierung bei uns in der Schweiz die Straflosigkeit einer Selbstanzeige nur dann gewährt, wenn die Steuerbehörden noch keine Kenntnis von der Hinterziehung hatten und die steuerpflichtige Person die Steuerbehörden bei der Festsetzung der Nachsteuer vorbehaltlos unterstützt sowie alles unternimmt, die Nachsteuern zu bezahlen. Zweitens kann es sich angesichts der Tatsache, dass bei Trusts die involvierten Personen wie Trustees, Settlor, Protector, noch nicht bereicherte Begünstigte etc. per AIA-Meldung zu Millionären gemacht werden, empfehlen, die kantonalen Steuerbehörden vorsorglich mit vorab eingereichten Informationen entsprechend «vorzuwarnen». Denn – drittens – in Fällen, in denen die vom Ausland gelieferten AIA-Informationen nicht ausreichen, um die Steuerpflicht nach Schweizer Recht abschliessend festzustellen, kann die Steuerverwaltung zusätzlich Amtshilfeersuchen auf den Weg bringen.

5. Strafrechtliche Aspekte
Wird von der Bank eine Selbstauskunft eingefordert, ist diese wahrheitsgemäss abzugeben. Wer einem schweizerischen Finanzinstitut vorsätzlich eine falsche Selbstauskunft erteilt, Änderungen der Gegebenheiten nicht mitteilt oder über Änderungen der Gegebenheiten falsche Angaben macht, kann mit Bussen bis zu CHF 10‘000 belegt werden. Relevant wird dies z.B. im oberen Beispiel, in dem eine Begünstigte den Umzug von Grossbritannien in die Schweiz nicht gemäss Art. 18 AIAG mitteilt. Die Einlegung eines Rechtsmittels auf Berichtigung der Daten bei der Bank kann zum Bumerang werden, sofern dies zur Aufdeckung nicht gemeldeter Änderungen führt. In solchen Fällen empfiehlt sich gleichzeitig eine Selbstanzeige nach Art. 36 AIAG. Denn wer eine Verletzung seiner Selbstauskunftsverpflichtungen aus eigenem Antrieb anzeigt, kann gemäss den gesetzlichen Bedingungen straflos bleiben.

6. Fazit
Zusammenfassend kann das Ergebnis der Analyse der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten des Rechtsschutzes anhand von Trusts sowie deren Effektivität als durchaus durchwachsen bezeichnet werden.

  1. Die Qualifikation von Trusts wirft auf Grund deren flexiblen Ausgestaltung Schwierigkeiten auf, hat aber weitreichende Konsequenzen hinsichtlich der Meldungen nach dem AIAG für die involvierten Personen. Es empfiehlt sich daher, eine frühestmögliche Analyse sowie nach ggf. opportunen Anpassungen ein Rechtsgutachten (Legal Opinion) zur Qualifikation einzuholen.
  2. Der Rechtsschutz hinsichtlich steuerrechtlicher Würdigung (z.B. Qualifikation, Steuerdomizil) ist im Wesentlichen auf den Zivilrechtsweg in der Phase vor der Übermittlung an die ESTV beschränkt. Dieser ist jedoch auf Grund der Dauer des Zivilverfahrens wenig zielführend. Aus zeitlichen Gründen dürfte dabei dem vorsorglichen Rechtsschutz besondere Bedeutung zukommen. Für das Gewähren eines vorläufigen Rechtsschutzes stellt die Praxis hohe Hürden auf. Bei den Zivilrichtern besteht zudem regelmässig beschränktes Know-How hinsichtlich steuerlicher Fragestellungen.
  3. Gegenüber der ESTV können Daten nur berichtigt werden, wenn deren Unrichtigkeit auf einem Übermittlungsfehler basiert. Somit wird in Kauf genommen, dass unrichtige Daten an Partnerstaaten gelangen und dort für die betroffenen Personen Nachteile nach sich ziehen. Nach unserer Auffassung müssen aber auch nach Übermittlung an die ESTV und bereits noch vor der Übermittlung an die Partnerstaaten die Finanzinstitute eine Berichtigung der Daten an die ESTV melden können, dies nach Art. 19 Abs. 3 AIAG im Erst-Recht-Schluss.
  4. Hinsichtlich zu befürchtender Nachteile in Staaten mit fehlender Rechtsstaatlichkeit ist der Rechtsschutz im öffentlichen Rechtsweg angelegt. Die betroffene Person kann den Erlass einer Verfügung gemäss Art. 25a VwVG erwirken. Dieser Rechtsweg wird vielfach in einer Sackgasse enden, da der Nachweis eines befürchteten Nachteils auf Grund fehlender rechtstaatlicher Garantien infolge des von der Rechtsprechung entwickelten Dreikreismodells je nach Land erschwert oder unmöglich sein wird. Bei Nachteilen aus der Datenübermittlung, die nicht auf fehlenden rechtsstaatlichen Garantien beruhen, wird kein öffentlicher Rechtsweg vorgesehen.
  5. Ein rechtskräftiger Entscheid im Zivilrechtsweg ist aufgrund der real durchschnittlichen Dauer von über einem Jahr zeitlich erst nach der Übermittlung an den Partnerstaat zu erwarten und wird diesem nachträglich gemäss Art. 19 Abs. 3 AIAG mitgeteilt. Eine nachträgliche Berichtigung mag aufgrund bereits in Gang gesetzter Verfahren ggf. nur ein schwacher Trost sein.
  6. Durch AIA-Meldungen aus Partnerstaaten in die Schweiz werden bei Trusts die involvierten Personen wie der Trustee, der Settlor, der Protector, noch nicht bereicherte Begünstigte sowie Personen mit einer tatsächlichen Beherrschung zu Millionären gemacht, obwohl sie wirtschaftlich in keiner Weise am Vermögen berechtigt sind. Dies kann zu kafkaesken Nachsteuerverfahren führen. Deshalb empfiehlt es sich, die kantonalen Steuerbehörden vorsorglich mit vorab eingereichten realen Informationen über die im Trust-Gefüge übernommene Funktion entsprechend «vorzuwarnen». Dies allein um die Auslösung möglicher Amtshilfegesuche nach Art. 21 Abs. 7 StAhiG seitens der Steuerverwaltung vorzubeugen.
  7. Eine besondere Brisanz kommt dem Einklagen von Berichtigungen deshalb zu, weil Pflichtverstösse bei der eigenen Selbsterklärung strafrechtlich bewährt sind. Es kann sich also empfehlen, zeitgleich eine Selbstanzeige nach Art. 36 AIAG abzugeben, um einer möglichen Strafbarkeit entgegenzuwirken.

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Rechtsschutz nach dem AIA-Gesetz am Beispiel von Trusts – LINDEMANNLAW

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